Ja, Michael,
da ist was dran, an Deiner Aussage.
Und ich ergründe manche tradierten Denkweisen auch gerne mit Wortvergleichen und Wortzusammenhängen und deren Herkünfte. Denn da ergeben sich oftmals ganze Räume von inneren Haltungen und Vorstellungen, die nicht selten weit mehr als nur ein paar Hundert oder Tausend Jahre zurückreichen.
Interessant finde ich, wie zum Beispiel im Bereich des europäisch adaptierten Buddhismus, in der Psychologie oder in esoterisch angehauchten Bereichen Begriffe einfliessen, die in unserer heutigen Lebenswelt eher technisch besetzt sind. "Kraft" ist vielleicht nur ein, wenn auch nicht sonderlich einschlägiges Beispiel. Auch ausserhalb der technischen Begriff werden andere Bilder bemüht, wie zum Beispiel "das Gesehenwerden" (in unterschiedlichsten neudeutschen Schreibweisen), was ja wesentlich mehr beschreibt als dass A bei B ins Auge fällt.
Insofern passt das Wort "Frequenz" auch prima dazu, in Analogie zu Schwingungen, in den oben beschriebenen Bereichen benutzt, ja fast "gekapert" zu werden.
Ich finde es spannend, wie ursprüngliche Begriffe Bedeutungserweiterungen und Bedeutungsverlagerungen erlangen. Beziehungsweise deren Urspünge wieder auszugraben.
Und ich dachte, irgendein beobachtender Mensch in der frühen Neuzeit hätte für ein Phänomen sich ein Wort aus lateinischer Ableitung bebastelt, um es fortan als "Frequenz" zu bezeichnen - solche Vorgänge kamen ja in den Wissenschaften nicht selten vor - die Medizin ist voll davon.
Dabei haben das die alten Lateiner im alten Rom schon gekannt, dieses Wort. Insofern lässt es sich gar nicht so recht bezeugen, woher es eigentlich genau wurzelt und welches Bild im Kopf zu dieser Bezeichnung führte.
Eine Aufspaltung in eine Vorsilbe "fre" und dem bedeutungstragenden "quenz" ist praktisch nicht möglich (ausser man ließe eine Abwandlung von "prae" oder "per" in "fre" zu). Ebenso umgedreht ein bedeutungsschwangeres "fre" oder "frec" mit einer Nachsilbe "quenz" ist nicht wirklich plausibel. Im Beispiel "Konsequenz" gehört das qu ja auch eher zu "seguire" o.ä. als zu der Endung. Naja, ich will das jetzt nicht weiter vertiefen, ausser, dass in der Endung "enz" wirklich so eine Art Partizipialausdruck drinsteckt, was auch immer der ausdrücken möchte.
Der Wortvergleich mit "fricassee" kam mir in den Sinn. Wobei dieses eine Wortneuschöpfung ist und nicht der normalen Wortbildung in den romanischen Sprachen unterliegt. Es geht nämlich zurück auf die Zusammensetzung "frire" (braten) und "casser" (zerkleinern).
Und doch bin ich mir sicher, dass beide im entferntesten was mit der frequenz zu haben (könnten).
Die Lateiner haben mit "frequens" zum Beispiel "zahlreich, in großer Masse anwesend" ausgedrückt. Oder auch "häufig", "wiederholt" bis hin zu im übertragenen Sinne "gewöhnlich (da oft anzutreffen), normal". Ähnlich wird es ja heute auch noch verwendet, wenn es zum Beispiel um Besucherzahlen geht, z.B. "viele Mainzer haben den verkaufsoffenen Mantelsonntag frequentiert".
Vielleicht haben die Lateiner jenes Wort aus "fregi" gebildet, dem Perfekt von "frango". Warum sie da den Wechsel zwischen "ng" und "g" vollzogen haben, und was von beidem der ursprüngliche Zustand war, bleibt im Dunkeln. Ich vermute, das "ng" kam erst später hinzu, wäre mal interessant, wann der "ng"-Laut überhaupt das Lateinische besiedelte. Denn ich glaube, im Altgriechischen gab es diesen Laut auch noch nicht, und bei den alten Persern und Indern auch noch nicht.
"fregi", "frango" jedenfalls bezeichnete "(zer)brechen, zermalmen, zerstoßen" - und daraus im übertragenen Sinne auch "schwächen", "entkräften", "kaputtmachen", "nachlassen", "bändigen", "demütigen".
Aus "fregi" jedenfalls entwickelte sich z.B. via althochdeutsch "breghan" unser heutiges Wort "brechen" - mit allen Ableitungen daraus bis hin zu "Bruch" (z.B. in Mathematik oder bei Eisen, Stein und Liebe). - Was in Bezug auf die technische Frequenz ja schon wieder sehr viel Sinn macht (Unterbrechungen pro Sekunde).
Die "Fraktion" geht auf "fractio" (das Brechen, z.B. des Brots, des Stocks) zurück. In Italien heissen Stadt-/Ortsteile "frazione", zu Deutsch "Fraktion". Alles Ableitungen zu "frango".
Schauen wir unser deutsches Wort "braten" an. So geht dies wahrscheinlich über das Süddeutsche "brägeln" auf das lateinische Wort "frigere" zurück. Woraus auch das französische "frire" (braten), siehe "Fricassee" hervorgeht - und letztlich auch die "Fritten", (pommes frittes, die gebratenen Kartoffeln). Das ist erst einmal ungewöhnlich, da im Lateinischen "frigere" auskühlen bedeutet, also etwas ganz gegensätzliches bedeutet. In "Fridge", dem Kurzwort für Kühlschrank taucht es ja auch auf und stammt aus dem Griechischen "Kryo" für Kälte.
Der Weg zum deutschen "Braten" und "braten" nimmt es darüber, dass ein Stück Fleisch erstmal auskühlen muss (tot sein) muss, ehe es zum Verzehr bearbeitet wird. Da erführ der Wortstamm auf einmal eine absolute Bedeutungsverlagerung. Im Lateinischen ist "frigens" der Tote. "frigeo" steht für "kalt, erstarrt sein", im übertragenen Sinne für "leblos, tot sein", "frieren", aber auch für "stocken".
Und hier könnte vielleicht auch eine Bedeutung abzulesen sein für die technische "Frequenz": Das Stocken. Denn es ist kein kontinuierlicher Fluss, sondern eine - sagen wir - Bewegung, die immer wieder ins Stocken gerät.
Eine Herkunft des Wortes "Frequenz" könnte also im Sinne von "Unterbrechung", "Zerhackung" oder "Stocken" zu verstehen sein. Vielleicht hängen auch die bemühten Wortverwandtschaften "fregi" und "frigeo" ursprünglich miteinander zusammen, nur halt womöglich ein paar Jahrhunderte vor den Römern, oder ein paar Tausend Kilometer neben den Römern.
Ich hoffe, ich habe mit den möglichen Wortverwandtschaften unseren DesigualHarry nicht zu sehr schockiert. Ich hoffe, ihm schmecken noch immer die Fritten.
Und wenn auch seine Bezeichnungen sich ganz und gar nicht mit meinen Bezeichnungen decken, so haben wir dennoch eines ganz intensiv gemeinsam: Wir erklären uns die Welt, wie sie uns gefällt. Und das ist die Hauotsache, um nicht an der Einzigartigkeit des Lebens zu verzweifeln, sondern den für uns bestmöglichsten Weg zu wählen.
Zu guter Letzt: die Breeches, wie manchmal auch heute noch Hosen genannt werden, haben auch was mit "fregi" (brechen, abschwächen, mildern) zu tun. Denn das Wort geht zurück auf die "Bruoch" bzw. Bruch(e), im Sinne von Windeln - da wird der Ausfluss aus dem Körper "gemildert" und im Erwachsenenalter das ungewollte Ausstrecken des 3. Beins gebrochen.