Der gesteigerte Wiedererkennungs-Faktor ist bei mir Freude und Last zugleich.
Ich habe den Eindruck, dass etliche Menschen aufgrund meines Wiedererkennungswertes sich ambitioniert fühlen, mit mir das freundliche Gespräch zu suchen.
Z.B. sprach mich bei einer Veranstaltung neulich eine junge Frau an, die vor zwei Jahren von einer entfernteren Nachbarstadt in der Region in meine Stadt gezogen ist. Ausser Kollegen ihrer Arbeit (und ihren Freund, der aber Stubenhocker ist) scheint sie noch keinen Freundeskreis hier aufgebaut zu haben. Sie kennt mich vom Straßenbild her. Und bei einer anderen Veranstaltung zwei Monate vorher, sagte sie ihren Kollegen, bei der nächsten Begegnung würde sie mich ansprechen. - Und: das tat sie ja dann auch.
Ich sei für sie sowas ... wie ... "Heimat!", ihre neue Heimat. Wir verbrachten dann noch den Rest des Abends in gemeinsamer Nähe bzw. tauschten uns viel aus, gedanklich, auch Nummern. Diesen Kontakt habe ich nun noch nicht intensiviert, aber neulich suchte sie wieder meine - absehbare - Nähe.
Dank Nummernaustauschs konnte ich mir tatsächlich jetzt auch den Namen merken. Und den Zusammenhang. Und wo wir uns kennenlernten.
Das geht mir längst nicht immer so. Und da fängt die "Last" an.
Viele berufen sich auf dieses und jenes Ereignis, auch wenn es manchmal tatsächlich schon 2 Jahre her ist. Manchmal weiss ich zwei Tage später, achwas, 40 Minuten später nicht mehr jene Einzelheiten, die die anderen sich merken können. Ich erkenne die Leute teils nicht wieder, obwohl wir uns vor einer Stunde nett unterhalten hatten. Wie soll ich mir über die Monate, Jahre hinweg all die Zusammenkünfte und Unterhaltungen, die Namen merken? Von all den, sicherlich netten, Leuten?
Diese Last als Nicht-Last zu deuten, bin ich seit eins, zwei Jahren dran zu lernen. Ein Vorbild ist durchaus ein Kumpel, der auch ganz viele Leute kennt, der nahezu jede Frau mit einer herzlichen, ausgedehnten Umarmung empfängt (gleich welchen Alters). Der auch viele Namen und Zusammenhänge auf Abruf kennt. Der aber immer auch wieder anderswo offen zugibt: "Wer bist denn Du? Muss ich Dich kennen? Ich kann mir doch nicht alle Namen merken!"
Und so kommt es auch immer wieder vor, dass es ruft: "Hallo Wolfgang", gefolgt von einer Umarmung, der ich manchmal gar nicht aus dem Weg gehen kann, wo aber die flüchtige Begegnung nicht ausreicht (oder meine Lust gerade) nachzufragen, und ich dann zu meinen Begleitern sage: "Ich habe keine Ahnung, wer das gerade war. Ich hatte noch nicht einmal in meinen kühnsten Träumen geahnt, dass ich diese Person kennen könnte!"