Nun, Braveskirt, Deine eigene, innere Unsicherheit fokussiert nicht nur auf die Reaktionen der anderen,
sondern sie interagiert, verstärkt, ja provoziert die Reaktionen der anderen.
Diesen Effekt haben wir hier im Forum immer mal wieder angesprochen. Aber längst nicht jedem ist dieser Effekt bewusst. Und selbst 13 Jahre gemeinsamen Lebenswegs haben nicht ausgereicht, um meiner damaligen Freundin diesen Effekt verständlich zu machen. Sie unterstützte mein Rocktragen, empfand es aber unfair, dass die Gesellschaft das nicht akzeptiere (Konjunktiv). Während wir soviele Beispiele hatten, dass die Gesellschaft es überwiegend akzeptiert, fokussierte sich meine Ex auf die wenigen vermeintlichen Abwehrreaktionen Einzelner und verstärkte, ja provozierte sie geradezu, weil sie immer auf der aktiven Suche danach war, dass es doch irgendwo in der Menge Menschen geben müsse, die abfällig tuscheln, böse gucken oder über uns lachen.
Nun, soweit das Thema, wenn man auf etwas sich fokussiert.
In der Tat ist es aber so, dass vor 40 Jahren derlei (oftmals negative) Aufmerksamkeit ungleich weit verbreiteter war als dies heute der Fall ist. Jenseits Deiner eigenen Ausstrahlung (auch wenn sie nun selbstsicherer geworden ist) ist das Empörungspotential in der Gesellschaft solchen Dingen gegenüber (bei Nagellack kann ich nur im Sommer an den Füßen drüber sprechen) stark zurückgegangen, ja fast gegen Null strebend.
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So, Braveskirt, erneut hast Du ein Splitterchen von mir mitbekommen.
Ich will an dieser Stelle in Deinem Vorstellungsthread nun noch mal die Gelegenheit nutzen, mich kurz vorzustellen.
Also ich traue mich seit gut 4 Jahrzehnten, in der Öffentlichkeit Röcke zu tragen. Nach gut 10 Jahren hatte ich Hosen nahezu vollständig abgelegt. 10 Jahre später habe ich Hosen quasi völlig aus meinem Leben verbannt. Mir sind Hosen zu unbequem. Und mir war es zu lästig, irgendwelche jenseits des Durchschnittsgeschmack liegenden Hosen zu bemühen, z.B. Haremshosen, nur um auf Teufelkommraus die aufdiktierten Hosen zu tragen. Wenn ich schon vom Erwartungsbild abweiche, dann kann ich doch gleich Röcke tragen, um das Unwohlsein im empfindlichsten Körperbereich zu vermeiden und um keine drückenden und quetschenden steifen Nähte und vielfachen Faltenschlag im Schritt ertragen zu müssen.
Das Thema Kleid hatte mich parallel zwar immer schon interessiert, kam aber lange Zeit zu keinen vernünftigen Ergebnissen oder oben genannte Freundin hätte es auch gar nicht akzeptiert. Seit bald 10 Jahren habe ich aber auch die Scheu vor Kleidern abgelegt. Inzwischen begeistern mich auch bestimmte Stilelemente wie Blümchenmuster, gegen die ich vor sieben Jahren noch auch hier im Forum vehement gewettert habe.
Ich glaube, so viel gibt es nicht mehr, was ich mir noch erobern könnte. Ich denke, ich habe meinen Aktionsspielraum derart erweitert, dass ich gefühlt da angekommen bin, wohin ich hinwollte: Freie Wahl der Kleidung, obwohl ich Mann bin. Freie, selbstbewusste Wahl der Kleidung, weil ich Mann bin.
Zwischen uns liegt quasi ein Bundesland und die Dauer eines Langzeitstudiums.
Ich komme grob aus der Region Südhessen und ich könnte biologisch nicht ganz Dein Vater sein.
Weitere Splitter über mich erfährst Du aus den Tiefen dieses Forums. Dir viel Spaß damit!
Gruß aus Rheinhessen
Wolfgang