Es gibt dann aber auch Momente, in denen es switcht, und ich mich nicht ganz so wohl fühle, wenn ich im Rock rumlaufe. Einfacher wäre das Leben wahrscheinlich ohne diesen Hang, weibliche Kleidung anzuziehen. Kleider trage ich aus dem Grund nicht, weil dann kein Verstecken mehr hilft. Es ist alles von oben bis unten weiblich.
Natürlich wäre es viel einfacher, wenn man nicht diesen Hang hätte, eine andere als die für uns vorgesehene Kleidung anzuziehen. Aber welchen Preis zahlst Du dann für diese 'Einfachheit'? Indem Du schön brav das tust, was andere für Dich vorgesehen haben.
Das mit dem "Umswitchen" das kenne ich aus meinen Anfangsjahren. Ein paar Mal erinnere ich mich schemenhaft, dass ich irgendwo in einem Restaurant (anfangs besuchte ich überwiegend die Kaufhaus-Essenstheken oder andere Selbstbedienungssachen) deutlich länger als nötig, quasi wie angewurzelt, sitzen blieb, weil ich bestimmten Leuten durchs Aufstehen nicht offenbaren wollte, dass ich Rock trug. Oder manchmal bin ich aus dem Auto nicht rausgekommen, weil irgendwo Leute rumliefen, deren Aufmerksamkeit bei meinem Aussteigen ich scheute. Oder ich blieb im Restaurant oder Café sitzen nicht wegen bestimmter Leute, sondern überhaupt, weil ich nicht wieder alle Augen auf mich gerichtet haben wollte. Ja, verstecken, das geht, wenn man obenrum "normal" gekleidet ist, nur unten den Rock anhat, den man im Sitzen aber nicht mehr sieht.
Das hat sich bei mir längst gelegt. In Bezug auf Kleider ("oben und unten weiblich") gibt es aber auch Kleider, die oben z.B. einem Pullover gleichen. Also auch in manchen Kleidern kann man durchaus seine Andersartigkeit
sitzend "verstecken".
Es geht bei mir manchmal eher in die andere Richtung, ähnlich zu Dir, Blumenrock:
Die andere Seite besteht darin, das ich einen inneren Zwang spüre, mich in Rock und Strumpfhose zu zeigen.
Ja, es macht mir richtig Freude, mich zu zeigen. Oftmals. Ja, eben auch, um in der Öffentlichkeit präsent zu sein und zu zeigen, dass ein Mann (der sich auch als ein solcher fühlt und versucht, sich so zu geben) auch was anderes tragen kann als Hosen. Ein bisschen Stolz mischt sich da unter. Ja, Freude ist es. Zwang? Naja, Drang, jedenfalls Drang war es früher. Heute Lust.
Zwang? Blumenrock, Zwang? Beleuchte das noch einmal Dir selber. Ist es ein Zwang, der Dich leiden lässt? Ist es nicht eher Lust, die Dich zwar auch gewissen Gefahren aussetzt (Blicke z.B., komische Kommentare z.B.), aber die Deine Lust dennoch wieder wettmacht? Das, was ich bei mir eher mit "Drang" bezeichnet habe, lässt mich erahnen, was Du mit "Zwang" tituliert hast: Ja, das Bestreben, zu zeigen, was man wirklich will. Das Bestreben, der Drang, sich zu zeigen und sich nicht weiterhin zu verstecken. Ein Drang, der eigentlich nichts anderes ist als am liebsten laut auszubrüllen: "Ja, verdammtnochmal, das bin ich! Ich will mich nicht mehr zurückhalten. Ich will mich nicht mehr verstecken müssen!" - Ein Drang zur Befreiung! Der Drang, die anderen verkrusteten Zwänge, die Dich daran hinderten, endlich abzulegen. So in etwa war das bei mir. Schritt für Schritt, aber es war geradezu ein stetiger Drang.