Autor Thema: Begegnungen im Rock mit anderen Menschen  (Gelesen 1031 mal)

Offline John1697

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Antw:Begegnungen im Rock mit anderen Menschen
« Antwort #15 am: Heute um 09:37 »
Super schöne Geschichte... Ich finde es wirklich immer wieder schön zu lesen, wie selbstbewusst du immer unterwegs bist.
Mir fehlt das leider noch, aber ich arbeite mich langsam hin.

Mir ist da erst letztens auch was aufgefallen.

Ich bin im August erst umgezogen aufgrund von privaten Themen. EIn weiterer Hauptgrund war, weil ich mich nicht so wirklich wohl in der Nachbarschaft gefühlt habe, da ich letztes Jahr ein Gespräch auf einem Feuerwehrfest zwischen meinen Nachbarn mitbekommen habe, wo sie sich eben über LGBTQ+, Crossdresser und einfach alles was aus der "Norm" fällt unterhalten haben... und das leider sehr negativ. Deswegen hatte ich wieder mehr Angst rauszugehen oder eben mal im Rock einkaufen oder spazieren zu gehen.

Naja auf jeden Fall wohne ich jetzt mehr oder weniger wieder in einer Großstadt, bzw. in einer kleinen Vorstadt, die aber noch zur Großstadt gehört. Ich fühl mich hier so viel wohler und langsam schaffe ich es auch wieder, mich nicht mehr zu "verstecken". Wenn ich im Hausflur des Mehrfamilienhauses unterwegs bin, dann achte ich mittlerweile nicht mehr so sehr was ich anhabe und auch meinen Nachbarn juckt es nicht wirklich. Man glaubt gar nicht was das für ein Gamechanger ist und scheinbar interessieren sich die Leute auch mehr für sich selbst.
Meine aktuelle Nachbarin hat mich mittlerweile schon so oft in einer Leggings oder auch schon mal in einem Rock gesehen und nie was gesagt. Sie hat sich mit mir ganz normal unterhalten wie sonst auch.

Eine andere Sache die mir aufgefallen ist... Als ich letzte Woche ins Kino fahren wollte hatte ich schon große Panik, weil ich eben Bus fahren wollte. Ich hatte mir vorgenommen einen schlichten Plisseerock (blau oder dunkelrot), Schwarzes Shirt oder Hoodie und Sneaker dazu anzuziehen. Hab mich dann gegen den Rock entschieden, einfach weil ich zu große Angst davor hatte und zum Anderen weil es etwas windig war und die Kälte so schon trotz Strumpfhose mir zu schaffen macht. Also habe ich mich eben für eine Leggings (weil Jogginhose fand ich zu "schluderig" und Jeans wollte ich nicht) entschieden in blau. Sie hat nichts besonderes sonder liegt halt auch einfach eng an den Beinen und hat halt zwei so Taschen rechts und links (was ich für Handy, schlüssel, etc. sehr praktisch finde)

An meiner Bushaltestelle, wo ich einsteigen wollte hatte mir zwar eine etwas ältere Dame einen kurzen Blick zugeworfen aber nicht wirklich was gesagt. Und auch im Bus ist mir nicht wirklich was aufgefallen (gut mit einem Rock oder Kleid ist das auch nochmal ein bisschen anders)
Im Kino selbst hat der, der mich bedient hat auch nichts gesagt und auch nur mal kurz geschaut.

Aber als der Film zu Ende war und ich zusammen mit zwei Mädels ungefähr meines Alters alleine im Saal waren, weil wir die Post Credits sehen wollten und ich danach aufgestanden bin, hatten sie sich etwas erschreckt. Sie dachten sie wären alleine und haben nicht damit gerechnet, dass hinter ihnen noch wer saß. Wir haben dann beim rausgehen uns kurz unterhalten, wie wichtig es doch sei die Post-Szene von Filmen anzuschauen etc. Irgendwann hatte mich die eine dann gefragt, ob dass eine Leggings sei die ich da trage. Ich wusste erst nicht was ich sagen wollte, aber irgendwie kam ein stotterndes Ja heraus. Beide hatten auch mit äußerster Vorsicht nachgefragt, warum. Ich hab ihnen dann ganz einfach erklärt, dass es für mich keine Klamotten für Frauen und Klamotten für Männer gibt, sondern einfach nur Kleidung. Am Ende ist es ja auch nur Stoff und wenn mir was gefällt, dann hol ich es mir und trage es halt (oder versuche es zumindestens). Beide haben mich angelächelt und meinten auch dass sie die Einstellung super finden und irgendwie würde sie auch meine Beine / Po" schmeicheln". Und sie fanden das toll. Sie würden sich auch wünschen, dass mehr so Denken würden. Da bin ich ja ehrlich gesagt schon fast rot geworden. Achja warum sie gefragt hatten war, weil eine der beiden wohl auch die gleiche Leggings in schwarz hatte  ;D

Bis zum Ausgang des Kinos haben wir uns noch ganz kurz unterhalten und sind dann unsere Wege gegangen. Fand ich aufjedenfall super.

ABER... irgendwie glaube ich, dass mir immer noch das selbstbewusstsein fehlt, da ich immer noch "paranoid" unterwegs bin und mir immer Gedanken mache, dass hoffentlich das Outfit noch passt oder ob Leute rüberschauen, etc. Ich denke aber auch dass das langsam wird  :laugh:

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Antw:Begegnungen im Rock mit anderen Menschen
« Antwort #16 am: Heute um 13:31 »
Sie würden sich auch wünschen, dass mehr so Denken würden. Da bin ich ja ehrlich gesagt schon fast rot geworden. Achja warum sie gefragt hatten war, weil eine der beiden wohl auch die gleiche Leggings in schwarz hatte  ;D

Bis zum Ausgang des Kinos haben wir uns noch ganz kurz unterhalten und sind dann unsere Wege gegangen. Fand ich aufjedenfall super.

Ja, solche Erlebnisse sind toll. Und das bestätigt, dass einfach nicht alle Menschen hinter unserem Rücken nur über uns den Kopf schütteln.

Im Gegenteil: Wie die Mädels zeigten: sie würden sich wünschen, wenn es mehr offene Menschen gäbe, die zu sich stehen und mehr Vielfalt leben, statt sich von der Einfalt einschüchtern zu lassen.

Kinogänge sind übrigens sehr gut geeignet, sich im Rock unter Menschen auszutesten: Man ist unter Menschen, aber kaum einer kriegt es die ganze Zeit wirklich mit, dass Du den Rock genießt. Und längst nicht alle kriegen sowieso mit, dass Du überhaupt einen trägst. Und man kann auch ruhig sitzen bleiben, bis die meisten aus dem Kino gegangen sind (siehe Abspann) und steht nur noch unter wenigen Augen der restlichen Leute.

Mich erinnert das sehr an meine Anfangszeit. Vor allem erinnert es mich selbst an einen Kinobesuch.
Damals bin ich noch für Abendaktivitäten weit weg gefahren, um mich im Rock unter Menschen bewegen zu können, um eben nicht Menschen zu begegnen, die mich kennen könnten.
An diesem Abend fuhr ich wie so oft nach Heidelberg, nun ins Kino, eine gute Autostunde von mir weg.
Auch da kam ich nach dem Kino ins Gespräch mit zwei Mädels - wir sind uns aber erst außerhalb des Kinos wieder begegnet, hatten uns aber im Kino schon gegenseitig wahrgenommen.
Wir gingen anschließend noch in eine Straßenkneipe und saßen für ein, zwei Getränke beisammen. Und auch da in etwa die Botschaft, die mir wohltat: sie wünschten sich, dass mehr Männer sich freier kleiden (also explizit Röcke).

Solche Erlebnisse sind wichtige Meilensteine in der Selbstentwicklung und sich selbst befürworten zu können. Solche Erlebnisse wecken den Wunsch, das öfters zu erleben. Genieße es!




...
Dann, einige Zeit später, als ich eines Tages durch eine belebte Straße ging und in meinen eigenen Gedanken vertieft war, wurde ich plötzlich auf Gelächter und Flüstern links und rechts aufmerksam. Wieder wegen dieses Rocks, also. In derselben Sekunde stand mir dann auch klar: Ich trug doch eine Hose. Und die Geräuschkulisse, die mich umgab, war genau dieselbe, erkannte ich, ob mit Rock oder mit Hose.

Seit dem Tag habe ich angefangen, mich zu entspannen. So interessant war ich doch anderen nicht, dass jede und jeder über mich reden, flüstern und lachen sollten. Für sein Flüstern, Lachen und Gerede braucht der Mensch keinen Mann im Rock. Es geht auch ohne.

Ja, Flüstern, Lachen, Gerede gibt es so oder so. Das hat meistens nichts mit Dir zu tun. Manchmal vielleicht schon. Aber Du wirst bestimmt auch schon unter Menschen geflüstert, gelacht und geredet haben über andere Menschen. Das kommt mal vor. Meistens geht es aber über was ganz anderes als über einen selbst. Man muss erst einmal sich daran gewöhnen, dass Menschen ganz viele Dinge im Kopf haben, die interessanter sind als Du da gerade im Rock.
Dass Männer nur Hosen tragen, ist weder körperlich noch geistig gesund.
Wie tief muss der psychische Knacks wohl sein, dass Männer sich nicht endlich auch mehr Freiheiten gönnen!?

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Antw:Begegnungen im Rock mit anderen Menschen
« Antwort #17 am: Heute um 13:51 »
Naja auf jeden Fall wohne ich jetzt mehr oder weniger wieder in einer Großstadt, bzw. in einer kleinen Vorstadt, die aber noch zur Großstadt gehört. Ich fühl mich hier so viel wohler und langsam schaffe ich es auch wieder, mich nicht mehr zu "verstecken".

Na, das sind doch optimale Voraussetzungen.

Ob Großstadt oder nicht, ist zweitrangig. Wichtig ist, dass Du nun im Rock Leuten begegnest, die Dich nicht schon seit ewig in Hosen kennen.

Auf einmal Rock statt Hose ist so ähnlich wie ein neuer Haarschnitt / eine neue Frisur: Es kostet Überwindung.
Die, die Dich schon ewig in Hosen kennen, haben vor allem zwei Fragen präsent im Kopf:
- Warum trägst Du auf einmal Rock?
- Und: warum ausgerechnet Du?

Leute, die Dich nicht anders kennen, haben diese zwei bohrenden Fragen nicht im Kopf.
Bei Interesse fragen sie Dich zwar, was nichts schlimmes sein muss. Aber sie haben keinen Bezug zu Deiner bisherigen angepassten Hosenzeit. Da wächst ein ganz anderes Interesse an Dir als Person, ein eher echtes Interesse.

Ich bin damals nicht umgezogen. Ich bin halt immer ausgeflogen, in entfernte Städte, um mich dort auszuleben und unter mir unbekannten Personen zu sein.

Du hast die neuen Leute vor der Haustür. Nutze es aus. Bringe Dich gleich dort ein im Rock. Gewöhne die neuen Leute nicht erst daran, dass Du wie jeder andere Hosen trägst. Gewöhne sie gleich dran, wer Du bist!

Ich wünsche Dir viel Spaß mit Deinem Neuanfang. Und wünsche Dir noch schöne Kinoerlebnisse und so manch andere ähnliche Begegnungen!





Willkommen übrigens auch im Club der 25!
Nein, das ist kein Club, dem nur 25 Mitglieder angehören dürfen. Es ist kein Club der 25-jährigen.
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Jetzt wirst Du auch eingebettete Bilder in den Beiträgen sehen.

Und Du wirst sehen, dass das Forum gar nicht so tot ist, wie es manchmal vorher aussah. Ja, willkommen im Mitgliederbereich!
Und da kann ich Dir auch sehr das berühmte "Was habt ihr gestern getragen?" gleich ans Herz legen,
dort kriegst Du viel optische Eindrücke und oft auch ganz nette Erlebnisberichte drumherum.
Bei dem Link habe ich mal auf die letzten paar Seiten des Threads verlinkt, kannst Du ja mal überfliegen oder durchscrollen.

Gruß,
Wolfgang
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