Ja, Ihr habt ja alle irgendwie Recht.
Dennoch hat mich das noch nicht so recht überzeugt, dass "das eine nichts mit dem anderen zu tun hat". Ich bin noch immer der Auffassung: "muss es nicht, kann es aber". Auch wenn es trockene Gebiete unter dem Niveau der Meeresoberfläche gibt, heisst es nicht, dass es kein Meer gibt.
Ich denke, die Motivationen, sich als Transperson zu empfinden oder zu leben, können ganz vielfältige sein. Und lassen sich mit unserem europäischen Kulturraum und mit Polynesien nicht ohne weiteres vergleichen.
Der Druck beider Kulturen ist sicherlich völlig unterschiedlich gelagert. Und ich denke, gerade in Süd/Südost-Asien mancherorts und in Polynesien gibt es da andere Faktoren, die einen Geschlechtswandel in Rolle, vielleicht auch Körper, vor allem begünstigen. Generell - auch da, wo kulturell das Konzept von mehr als drei, bisweilen sechs Geschlechtern verwurzelt ist, sind es oft familiäre Lücken, die auf diese Weise aufgefüllt werden - und damit eben doch auch wieder eng an die sozialen Rollen eines überwiegend doch binär ausgerichteten Menschenverständnisses gekoppelt. In manchen dieser Gesellschaften ist es auch nicht immer nur eine freie Entscheidung, die jemand selbst für sich getroffen hat, sondern die Ausübung des familiären Drucks, natürlich entstandene Lücken im familiären Sozialgefüge durch Umdefinieren der Rollen aufzufüllen.
Sozialer Druck in unserem heimischen Kulturkreis beinhaltetet ganz andere Faktoren, und ja, als "bloßer" Mann mit nicht vorgesehenen Kleidungswünschen sich einer Beachtung ausgesetzt zu fühlen, die man eigentlich nicht möchte, und darum das Erscheinungsbild einer Frau zu suchen, um eben weniger dieser Beachtung ausgesetzt zu sein, kann hierzulande noch immer eine starke Triebfeder sein, sich mit einem Geschlechtswechsel - vom Erscheinungsbild bis hin zum Körper - anzufreunden. Wenn auch das bestimmt längst nicht für alle Männer mit Transgedanken allgemeingültig zutreffen wird.
Ebenso wird der Traum von Frauen, sich mit einer Geschlechtsanpassung möglichen patriarchal-bedingter Nachteile zu entledigen, in unserem Kulturraum ein anderer sein als in kleinen, alleine schon wirtschaftlich anders geprägten Gesellschaften polynesischer Inseln. Auch die Transformation von Frau zu Mann wird nicht allgemeingültig einzig den Grund dieses Traums haben, aber einige wird auch diese Überlegung/dieses Empfinden zur Transformation bewegen.
Insofern halte ich das Beispiel von Samoa nicht für einen allgemeingültigen Beweis zu sagen, dass Kleidung selten oder nie eine Rolle für eine Geschlechtstransformation spielen würde. Es ist - bei näherem Hinsehen bestimmt auch mit etlichen Abstrichen - aber ein Beweis, dass es (vermutlich längst) nicht ausschließlich die Kleidung ist, die Auslöser für alle Geschlechterwechsel sein muss.