Wenn ich mich ebenso wie doppelrock und Chris Schumann zum Stilapostel erhebe, so muss ich mich deren Meinung ungefiltert anschließen. Man könnte wirklich mehr aus seinem Erscheinungsbild herausholen.
Aber mich erinnerts ebenso an meine ersten Gehversuche im Rock. Es brauchte etwa 5 bis 10 Jahre, bis ich ein ehrlich gemeintes Lob für meine Kleidungszusammenstellung (nicht punktuell, sondern allgemein meinen "Stil" betreffend) erhalten habe. Davor war ich auch bestimmt eher "lächerlich" gekleidet gewesen, weil ich noch kein Gefühl für die Stimmigkeit des Erscheinungsbildes hatte - und auch keine Vorbilder. Zwar hatte ich da schon meine ersten E-Mails geschrieben, aber das Internet brauchte noch 10 Jahre, bis es überhaupt als "world wide web" bekannt wurde und anfing, für jedermann nutzbar zu werden. Die fehlenden Vorbilder für mich sollen jetzt nicht als Anklage verstanden werden, da man sie jetzt mit einem Klick frei verfügbar hat. Dennoch wird man auch heute noch nicht per Mausklick zum perfekten Selbstkreator, sondern muss noch immer erst seinen eigenen Weg finden zu einem gekonnten Erscheinungsbild.
Andererseits: vielleicht müssen wir einfach lernen, dass wir von unserem Zwei-Regalfächer-Blick abkommen können und akzeptieren, dass das große weite dritte Fach dazwischen eben mit anderen Stilen und Harmonien aufwartet, um eben als formensprachliche eigene Kategorie wahrgenommen zu werden. Dennoch sind mir - auch aus diesem Forum - Fälle aus dieser "dritten Kategorie" bekannt, denen das wesentlich harmonischer gelingt - in meinen Stilapostel-Augen.
Jedenfalls ist es der rocktragenden Person auf Besuch im Bundestag recht, mit allen Pronomen angesprochen zu werden - was nach einer kurzen Recherche schnell herauszubekommen ist. Und seine (da decke ich schon mal zwei Pronomen ab) Funktion ist:
"Jugendpolitische*r Sprecher*in (rdp)".
Ich selbst war jedenfalls noch nicht im Rock auf Besuch im Bundestag. Dennoch habe ich im Rock mal einen Bundeskanzler besucht, der laut Gerichtsurteil seine Haare nicht getönt trug. Wir sind zu mehreren dorthin gegangen. Ich war der einzige, der nicht daran gedacht hat, seinen Personalausweis mitzubringen (damals war meiner noch sehr unhandlich und trug ich demnach nie mit mir herum).
Die Türsteher ließen mich nicht hinein. Nach ein paar Momenten kam dann einer vom Back-Office und meinte zur Security:
"Lassen Sie ihn herein. Er ist bekannt!"
