Seit meinem letzten Beitrag hier im Forum ist bei mir ganz viel passiert:
Vor einigen Wochen habe ich meine erste Arbeitsstelle (ab August) als Studienabgänger erhalten. Es hat bereits mit der ersten Bewerbung geklappt. Für das Vorstellungsgespräch habe ich Hosen angezogen, schliesslich wollte ich kein Risiko eingehen. Seither war ich aber schon im Rock in einer anderen Filiale des selben Unternehmens zu Besuch (dort habe ich vor zwei Jahren ein Praktikum absolviert). Der Rock wurde bemerkt, aber zusammen mit meiner Begründung mit einem breiten Grinsen quittiert. Daher keimt in mir die Hoffnung, eines Tages nach Ablauf der Probezeit

im Rock zur Arbeit zu erscheinen.
Ich studiere zwar schon seit zwei Jahren nicht mehr an der ETH, habe aber dort noch sehr viele Bekannte und Freunde, und organisiere dort jährlich noch einen grossen Event. Zur Vorbereitung des diesjährigen Events war ich im Rock unterwegs. Grosse Teile meines Freundeskreises sahen mich dabei zum ersten Mal im Rock. Einige sprachen mich auf den Rock an, viele hingegen nicht, da sie es nicht merkten oder es keine Erwähnung wert fanden. Die wichtigste Erkenntnis ist, dass ich dort immer noch genau gleich viele Freunde habe. Niemand fand es dermassen daneben, dass er mich nicht mehr "kannte". Einige haben lauthals gelacht, doch wegen meines natürlichen Auftretens und spätestens nach meiner Erklärung fanden es alle irgendwie ok.
Vor einigen Wochen hatte ich zusammen mit meinem besten Freund - wir kennen uns bereits seit 13 Jahren - etwa veir Stunden Schreibtischarbeit zu erledigen. Bereits

nach drei Stunden bemerkte er, dass ich einen Rock trage. Zuerst war er etwas verunsichert. Nach meiner Erklärung befand er: "Das kannst auch nur du machen. Alle anderen wären für sowas nicht seltsam genug".
Vorgestern hatte ich wieder einmal ein Telefonat mit meiner Schwester (28). Dabei erwähnte ich irgendwann ganz beiläufig, dass ich jetzt aufgrund einer neu ausgelegten aber alten Tradition an meiner Schule die letzten 100 Tage meines Studiums im Rock verbringe, und dass die Eltern darauf ganz entspannt und etwas amüsiert reagiert hätten. Daraufhin lachte sie und sagte: "Das muss ich sofort meinem Freund erzählen. Der hat nämlich schon mehrmals erwähnt, dass ein Rock sicher etwas ganz bequemes sei. Vielleicht traut er sich nun, mal einen Rock zu kaufen und zu tragen."
Ich war platt! Ihren Freund kenne ich schon seit fast zehn Jahren. Doch anscheinend reichen bei gewissen dingen auch zehn Jahre nicht, um jemanden wirklich zu kennen.
Vergangenes Wochenende war ich mit Freunden essen. Organisiert hat es einer meiner besten Freunde. Seine Freundin weiss schon seit einigen Jahren von meinen Neigungen bezüglich "Frauenkleidung". Doch sie hat mir davon abgeraten, ihren Freund mit einzuweihen, da sie nicht wisse, wie er reagieren würde. Nun hat er mich im Rock gesehen, und zwischen uns hat sich absolut nichts geändert.
An diesem Abend bemerkte sie, dass meine Schuhe (Salomon-Trekking-Schuhe) nicht zum Rock passen. Das ist mir auch schon aufgefallen. Doch einen konstruktiven Vorschlag hatte sie nicht am Start. Als ich wieder zu hause war, kramte ich in meiner Erinnerung, wo sich irgendwo das Bild von flachen und sportlichen Stiefeln verbarg, welche ich vor einigen Jahren mal irgendwo gesehen hatte. Dann suchte ich im Internet danach, fand sie und konsultierte meine Freundin. Sie reagierte positiv. Daher habe ich die Stiefel bereits bestellt. Es handelt sich dabei um braune Mustangstiefel. Hier findet ihr ein Bild dazu:
http://www.schuhplus.com/images/produkte/i12/1286-1286-MUSTANG-SCHUHPLUS-0.jpgIn drei Wochen habe ich eine Klassenzusammenkunft (7. -9. Klasse, 13-15 jährig). nun ist bei mir die Idee aufgekommen, dort mit meinem Mammutrock und den Mustangstiefeln zu erscheinen. Da meine Freundin grad nicht zu hause, und ich noch nicht restlos von meiner Idee überzeugt war, rief ich eine gute Freundin an, die ich schon seit 12 Jahren kenne. Doch von meiner Neigung bezüglich "Frauenkleidung" weiss sie erst seit einigen Monaten, hat es aber problemlos akzeptiert. Ich rief sie also an und erzählte ihr von meiner Idee und meiner Skepsis. Ich sandte ihr ein Blid der Stiefel und bat sie um ihre Meinung dazu. Ihre Reaktion: "Die Stiefel sind ja echt cool! Die passen zu deinem Rock, der ist ja auch eher sportlich." Als ich meine Bedenken äusserte, dass Rock und Stiefel zusammen vielleicht etwas zu viel sei um Leute an der Klassenzusammenkunft zu treffen, die ich nun schon seit Jahren nicht mehr gesehen habe, antwortete sie: "Ach, du musst das so sehen: Wenn jemand damit nicht klarkommt, dass du Rock und Stiefel trägst, der würde auch mit dem Rock alleine nicht klarkommen. Darum tu' es einfach, ich finde es gut! Und ausserdem: Sei einfach du selbst und bewege dich, als wäre Rock und Stiefel bei dir das normalste der Welt."
Ihr seht, aus den letzten Wochen weiss ich nur positives zu berichten. Meine Befürchtung, wegen des Rocks Freunde zu verlieren war unbegründet. Im gegenteil: Viele Freundschaften wurden dadurch sogar noch intensiver, und auch der Respekt vor meiner Person ist gestiegen.
Verdammt, das Leben ist zu kurz, um es anderen recht zu machen. Ich will dereinst nicht auf dem Totenbett sagen müssen, ich hätte etwas verpasst, nur weil ich den Mut dazu nicht hatte! Just do it!