Hallo Cephalus,
es liegt natürlich auch an meiner fokussierten Darstellung. Meine Schwester hat, wie jeder Mensch, auch ganz andere Seiten.

Ich argumentiere aber in der Regel weniger so, dass ich andere Ziele verfolge. Denn die Stelle, über die wir dann ja diskutiert haben, wollte ich ja und ging eben das Risiko ein, sie nicht zu bekommen, sollten sich meine Vorgesetzten als intolerant erweisen. Ich bin froh, dass ich sie richtig eingeschätzt habe und einer sogar mal zu mir sagte: "Ich bin froh, dass Sie da sind!", und das, während ich im Rock vor ihm stand.
Mein Argument ist eher so, dass ich meine Schwester oder andere Kritiker frage: "Für wie engstirnig hälst Du meine Vorgesetzen? Willst Du sie beleidigen?"
Ich bin nämlich davon überzeugt, dass Intoleranz eine Folge eines engen geistigen Horizonts ist. Und diesen bei einem Menschen von vorn herein zu unterstellen, könnte er als Beleidigung auffassen. Zumindest ich hätte das Gefühl, ihn zu beleidigen, was dann eher zu einem gespannten Verhältnis zwischen mir und ihm führen würde, was für eine Zusammenarbeit suboptimal wäre.
Es ist zwar so, dass die wirklich intoleranten weil engstirnigen Menschen nicht merken, wenn man sie für intolerant hält und sich demzufolge ihren Denkgewohnheiten anpasst und die toleranten Menschen sich in der Regel auch nicht beleidigt fühlen, wenn man das macht, da sie ja wissen, warum man es macht, und dass man es nicht böse meint.
Hält man einen toleranten Menschen für tolerant, freut ihn das und bringt auch keine Probleme mit sich.
Hält man aber einen intoleranten da engstirnigen Menschen für tolerant und erscheint in einem ihm ungewohnten Outfit, kapiert er nicht, dass man ihn ja ehrt, weil man ihn für tolerant und seinen geistigen Horizont für weit hält, worauf er tatsächlich intolerant reagiert, ohne es zu merken.
Diese Erkenntnis spricht also eher dafür, sich so zu verhalten, dass es zwischen die Scheuklappen der Intoleranten passt, rein aus Selbstschutz.
Aber letztlich würde ich mich damit nicht wohlfühlen und gehe daher das Risiko ein, aber nicht ohne mir vorher ein Bild zu machen von den Vorgesetzten und zu hoffen, dass das Bild dann stimmt. In meinem Fall stimmte es.
Und meine Schwester dazu: "Ja, Du bist halt nicht in der feien Wirtschaft und nicht in der Bank, sondern in der Uni. Da sind die Leute nicht so streng." Dass in diesem Fall die Uni-Leute einfach toleranter, weil offener und weitblickender sein könnten, als die Ökonomen und Banker, kommt ihr nicht in den Sinn. (Ich will das aber auch nicht verallgemeinern. Er gibt auch sehr tolerante und weitblickende Geschäftsleute und sehr engstirnige Wissenschaftler.)
LG, Michael
PS: Ich habe mal den Buchstabendreher in der Betreffzeile korrigiert.