Lieber Gregor,
danke für die Klarstellung bzgl. "Schuld" und "Grund"/"Ursache".
Du schreibst:
Und jetzt wage ich, daraus schließend, zu postulieren, dass es für Schwule (die offen erkannt haben, dass sie es sind und in einem zivilisierten Land 2014 leben) schlimmer ist für einen Hetero-Mann gehalten zu werden als für einen Schotten (wenn sie es nicht sind).
Es ist aber doch in der Realtität so, dass viele Schwule ihr Schwulsein geheimhalten, wenn dies in ihrer Umgebung von der Mehrheitsgesellschaft nicht respektiert wird. In Deutschland oder Dänemark ist das heute nicht mehr so schlimm, aber in Brunei z.B. steht es neuerdings unter Strafe.
Sollte das Schottischsein dermaßen schief angesehen sein, wäre es vielleicht ähnlich.
Meiner Einschätzung nach ist eben die falsche Zuschreibung unserer geschlechtlichen Identität oder Orientierung vor allem deshalb so schlimm, weil wir alle immer noch so sozialisiert sind, dass es dabei Normales und Nichtnormales gibt und die meisten lieber normal sein wollen, auch aus Angst vor Ausgrenzung oder Anfeindung.
In Bezug auf ethnische, nationale, religiöse usw. Identitäten sind wir inzwischen weiter und unterscheiden hierzulande zumeist nicht mehr einfach zwischen normal (inländisch, rechtgläubig) und unnormal (ausländisch, ungläubig), aber auch das kommt immer wieder vor.
Wenn ich, wie Du meinst, selber diesen Thread in die Länge ziehe, dann deshalb, weil ich mit dem Röcketragen nicht nur Mode im Sinn habe. Das eigentlich sogar am wenigsten. Es ist für mich auch eine politische Stellungnahme für die Menschenrechte, für Pluralität, für Minderheitenschutz, für Gleichberechtigung, für Inklusion usw. Und deswegen argumentiere ich gegen Meinungen in diesem Form, die gegen diese Werte stehen. Wenn sich jemand als "Moderebell" bezeichnet, er sich ansonsten aber lieber an die "Dorfbewohner" anpasst und wenn jemand immer wieder verkündet, ein "ganz normaler Mann" zu sein, dann lässt mich das aufhorchen. Ich bin auch ein ganz normaler Mann, aber so wichtig ist mir das nicht. Ich habe auch eine helle Hautfarbe, aber das betone ich ja auch nicht ständig, obwohl das genau so zu meiner Identität gehört wie meine Sexualität.
Ich musste eben schon abschicken, weil ich an die Tür musste, und mein Compi ab und zu abstürzt, will das hier aber noch ergänzen:
Wenn sich also jemand so äußert, dass ein Verdacht auf wenn auch nur unterschwelligen Sexismus bei mir aufkommt, dann spreche ich ihn darauf an. Bei Rassismus wäre es ähnlich oder bei Nationalismus oder - neues Wort von mir - Religionismus. All diese Devianzabwehr-Ideologien sind meines Erachtens menschrechtsfeindlich, demokratiefeindlich, unfriedlich und widersprechen der Menschenwürde, weil sie diese immer wieder verletzen.
LG, Michael