Am Samstag war Erntetag im Garten: eine große Schüssel rote Johannisbeeren, eine Schüssel weiße Johannisbeeren und einige Himbeeren nahmen wir aus unserem mehrere Kilometer entfernten Garten mit nach Hause. Leckerer Fruchtaufstrich sollte aus den Früchten werden, Gelee und Konfitüre.
Am Abend haben wir noch bei aufkommendem Gewitter draussen auf der Terrasse hinterm Haus gegrillt und wurden bis auf wenige Tropfen vom Regen verschont. Als ich dann an die Zubereitung der Früchte schritt, es war mittlerweile halb neun Abends. Dann beim Schranköffnen der Schock: nur noch ein halbes Kilo Zucker da für etwa 4 Kilo Früchte!

Das ging nun gar nicht und ich machte mich noch mal auf zu einen 4Buchstabenmarkt, der lange geöffnet hat. Meine Frau meinte nur: „..in
dem Rock?“ Zugegeben, erstens ist es nicht der schönste Rock, den ich habe, zweitens hatte ihn ja schon seit dem Garten an und drittens: er ist relativ kurz. Doch ich meinte, ich müsse mich ja nicht bücken im Laden, Zucker sollte schließlich nicht auf dem Boden stehen

Also noch mal los in die Stadt, Zucker holen.
Auf dem Parkplatz dort standen nur wenige Fahrzeuge. Es war also fast nichts los und als ordentlicher Mensch parkte ich natürlich direkt rechts neben einem Fahrzeug, in dem jemand saß und scheinbar wartete. Ich stieg aus und holte nach dem Öffnen der linken hinteren Tür meine Geldbörse und Mobiltelefon von der Rücksitzbank, sperrte ab und ging in den Markt.
Drin begenete ich neben dem Verkaufs- und Kassenpersonal einem älteren Paar, einer Dame um die 30 auch 3 Jungs so um die 15/16, welche Knabbereien aussuchten. Ich fand den Zucker, schnappte mir 2 Päckchen und ging auf dem Weg zur Kasse extra nochmals an den Jungs vorbei, lächelte sie an, sie grüßten freundlich und dann folgte: NICHTS...

Als ich an die Kasse kam, hatte das Paar bereits alle Waren auf das Band geschlichtet, vor mir stand die Dame, die 2 Sektflaschen auf das Band gelegt hatte und hinter mir die Jungs, die sich angeregt unterhielten. Eine Weile war alles normal, plötzlich wurde es kurz leise und dann sagte einer der Jungs:
„Guck mal“ – „Was denn?“ Ich konnte mir denken, was gemeint war, doch ich drehte mich nicht um. Ich wollte zu gern wissen, wie sie reagieren, wenn ich so tue, als hörte ich es nicht… -
„Na der da!“ - „ Was?“- „Der hat´n Rock an oder so was!“ – „Und?“ - „Mann, ´n Rohock!“ - „Ey, bist Du´n Spießer! Sieht doch net schlecht aus!“ Die Unterhaltung ging anschließend sofort wieder um die Abendgestaltung der Jungs und ich grinste förmlich in mich hinein.

Die Dame an der Kasse war kurze Zeit später für einen kleinen Mooooment etwas irritiert, denn von 1,30 Euro Zahlbetrag für 2 Kilo Zucker gab ich ihr 30 Cent in die Hand, sagte dann „Es tut mir leid, ich habe leider nicht mehr Kleingeld!“ Lächelte sie an und gab ihr einen ZehnEuroschein dazu, den ich aus der Geldbörse zog, welche ich natürlich so weit unten hielt, dass sie sehen konnte, dass es keine Hose war, die ich trug.
Ich genoss den Moment, den es dauerte, bis Ihr Blick wieder nach oben ging. Sie meinte nur, sie wäre kurz erschrocken, weil ich zuerst sagte, ich hätte kein weiteres Kleingeld.... Nun hielt sie in der einen Hand das Kleingeld. in der anderen den Zehner, lächelte und ihr schienen irgendwelche Gedanken durch den Kopf zu schießen, die das Lächeln sehr wohlig und intensiv machten

bevor sie sich plötzlich selbst aus ihren Gedanken riss, sich wieder der Kasse zuwandte, um mir anschließend den Kassenbeleg und 9 Euro Rückgeld zu geben. Sie wünschte mir lächelnd einen schönen Abend und ich lächelte zurück, wünschte ihr ein schönes Wochenende. Sie lächelte mich dabei immernoch an.

Wieso kann ich mich eigentlich des Eindruckes nicht erwehren: egal, wo ein Rockträger wie ich auftaucht, es gibt immer Menschen, die es gut finden. Daran wächst doch unser Selbstvertrauen und nebenbei haben wir jemandem den Tag versüßt. Ich glaube, die Kassiererin wird sich an mich erinnern, selbst wenn ich nur ganz selten dort einkaufe.

Der Fruchtaufstrich wurde übrigens sehr lecker.

So war ich im 4Buchstabenmarkt: