Ja, die großen Sinnfragen, die da mitschwingen, Micha.
... sehe ich diese "Dumpfbacken" als Menschen, die sich das bewahren wollen, was sich ihrer Meinung nach bewährt hat. Das ist meine Umschreibung für konservative Menschen. Diese fühlen sich durch starke Veränderungen in ihrer Lebenswelt verunsichert und provoziert.
Und ehrlich, Micha, aus Deinem Beitrag (woher die Zitate hier stammen) - so nüchtern und distanziert er auch geschrieben worden ist - entnehme ich aber auch, dass Du Dich von den (Deinen Fragenkatalog hervorrufenden) Veränderungen auch ein gutes Stück weit verunsichern, vielleicht auch provozieren lässt.
Und seien wir weiter ehrlich, Micha, so sind wir beide, MAS und Skirtedman, allmählich in so einem Alter, wo wir auch nicht mehr jeden feinen gesellschaftlichen Trend oder gar die Jugendsprache aufmerksam mitverfolgen, mitmachen oder mittragen wollen. Das, was wir in unserer Lebenswelt als einigermassen gegeben angesehen haben, das verflüchtigt sich zunehmend und wir tun uns allmählich schwerer damit, alles Unerwartete noch begreifen zu wollen.
In der Blütezeit unseres Lebens haben wir die großartige Verwandlung des ehemals konfrontativen Ostblocks miterlebt, die Amerikaner verstanden wir zwar immer mehr als Kriegstreiber in den verschiedensten Ecken der Welt, doch verbanden wir gleichzeitig die Hoffnung damit, dass dieses letztlich der Verbreitung der Demokratie dienlich ist. Noch in den Jahren des "Millenniums" bzw. "Mileniums" verbreitete sich für uns der Duft des humanitären Aufbruchs, erlebte zwar einen nachhaltigen Dämpfer durch mit Islamismus in Verbindung gebrachten Terror, doch in etlichen Ländern bis hin zum "Arabischen Frühling" dachten wir, dass sich weltweit - nur eine Frage der Zeit - die Vernunft durchsetzen würde, was wir sozusagen politisch gleichsetzten mit Demokratie. - Doch erhält dieses Gefühl gerade in den letzten Jahren eine erhebliche Schlagseite. Wo unser sinnstiftendes Lebensgefühl in Richtung Menschlichkeit - jedenfalls das, was wir damit verbinden - nun in Gefahr gerät. Ja, wir fühlen das Pflänzchen unserer Werte - schon eher ein rankender Baum - bedroht, und das massiv. Mit 'uns' meine ich hier auch immer noch nur ganz speziell MAS und Skirtedman, also Micha und mich.
Insofern sind auch wir beide in bestimmter Weise - gerade auch altersgemäß - irgendwo Bewahrer, irgendwo konservativ.
So 25-jährige heutzutage fühlen sich mit z.B. den Vorgängen am Schwarzen Meer bestimmt zwar auch nicht so wohl, sie verbinden damit aber längst nicht all das, was in unseren beiden Köpfen an Gefühlen mitschwingt.
Und ich bin der Meinung - nach dieser langen Herleitung - dass jede Zeit ihre Herausforderungen hat. Jede Zeit hat ihre Bedrohungen. Und Dein Fragenkatalog, Micha, mag zwar gewaltige Themenfelder umfassen, ob die Sorgen und Nöte anderer Jahrzehnte, anderer Generationen in Qualität oder Quantität sich sehr stark von unserer heutigen, aktuellen Wahrnehmung unterschieden, wage ich anzuzweifeln.
Ich will die Bedeutungsschwere Deiner aufgezählten Fragen nicht relativieren. Aber derlei Zeitfragen erweckten glaube ich in ihrer Gefühlsschwere schon zu allen Zeiten einen gewissen Konservatismus der Menschen, gerade auch korreliert zu der jeweiligen Lebensspanne, besser Lebensphase der jeweiligen Menschen.
Wie sollte auch eine neue Generation anders geprägt werden, wenn nicht Menschen während ihres Lebens sich ändern und zunächst sich selbst und dann ihre Kinder oder generell die jüngeren Menschen anders prägen? Prägung geschieht ja nicht ohne Einfluss von außen.
Naja, Einstellungswandel im Laufe der Jahrzehnte eines Menschenlebens hinweg, ja, der spielt sicher eine Rolle.
Die wesentlich mitspielende Rolle hat aber jede Generation automatisch in sich eingebaut: Das ist der Abnabelungsprozess von den Eltern.
In späteren Kindheitsjahren und insbesondere in Pubertät und Folgejahren gibt es doch eine praktisch automatische Ablehnung der Verhaltensweisen, Einstellungen, Vorstellungen und Ratschläge der Elterngeneration. In dieser Phase will doch der Mensch die Welt entdecken und sich erobern mit Vorstellungen, die oftmals stark von denen der Eltern abweichen. Das Andersmachen steht doch da als Leitmotiv bei sehr vielen der neuen Generation auf der Tagesordnung - ganz gleich, ob das Andersmachen Sinn macht oder nicht.
Nicht jeder ist gleichermaßen so rebellisch, einige kaum bis gar nicht, andere dafür umso mehr.
Das sich Abgrenzen von der Vorgängergeneration durchzieht doch jede neue Generation.
Allerdings ist die Kennlinie der Andersartigkeit ja in Jugendjahren in der Regel am höchsten. Die Kennlinie ist ja mit Zunahme der Lebensjahre dann wieder rückläufig. Zum Teil durch freiwillige Rückanpassung, zumeist aber, weil die zuvor abgelehnten Werte - ja ich fasse es mal mit 'Werte' zusammen - sich dann doch als gar nicht so sinnfrei ergeben, sondern in vielen Dingen sogar sehr sinnstiftend sind.
Timper würde hier sagen: "Auf den Boden der Realität kommen". Ja, so ähnlich hat man das ja auch bei den schärfsten grünen Politikern gesehen, als sie in Regierungsverantwortung kamen, konnten sie auch nicht mehr so wild agieren, wie sie sich das aber zuvor noch erhofft hatten. Bodenhaftung könnte man das nennen. Ja, die Kennlinie der Andersartigkeit nähert sich wieder der Bodenhaftung.
Manche - ich rede nicht mehr von den Grünen, sondern von allen Menschen, also hier jetzt manchen von allen - tragen immer noch die Ader des Rebellischen unter ihrem Herzen, trotz zwischenzeitlicher Bodenhaftung. Wenn dann die quergesellschaftlichen Abhängigkeiten für diese Menschen weniger werden, so entdecken sie so im Alter von vielleicht 65 ihre alter Ader wieder und geben ihrem Alt-Hippietum auch wieder Ausdruck in Aufmachung, Verhalten, Meinungen. Eine weitere Form eines gewissen Konservatismus, mir fiele hier die Bezeichnung ein: progressiver Konservatismus

Da ist das Hoffen auf baldige Durchbrüche und Aufbrüche bei dem Thema des Forums wenn man die Kommentare im Hinterkopf hat dünn gesät.
Ja, so eine Art Resignation macht das Hoffen irgendwie kaputt.
Ich hatte mir in meinen 20ern gesagt, ich wolle nicht warten, bis jemand für mich den Durchbruch schafft - und da wusste ich noch nichts von Internet und anderen Männern meines Kalibers - sondern ich muss schauen, was ich selbst für mich realisieren kann.
Und ohne das wäre ich heute nicht auf die gleiche Weise mit mir im Reinen und zufrieden, als wenn ich mein Zepter nicht selbst in die Hand genommen hätte. Zwar rede ich mir noch immer ein, dass ich durch mein Tun auch mein Fitzelchen Beitrag zu einem potentiellen Durchbruch leisten kann, aber rein egoistisch betrachtet, hätte ich viele Jahrzehnte verschenkt, wenn ich auf diesen Durchbruch durch andere gewartet hätte. Vermutlich hätte sich ohnehin nichts in meiner Lebenszeit verändert, dass ich zufrieden sagen könnte: Ja, jetzt aber kann ich endlich auf der Welle mitschwimmen! Ich musste meine Zufriedenheit mir selbst erkämpfen, mit Sicherheit auch erkaufen.
Ich denke, wäre - und eigentlich ist es genau betrachtet doch nur eine lächerlich kleine Kleinigkeit - Röcketragen für Männer normal gewesen, ich hätte meine Lebenszeit mit ganz anderen Dingen verbringen können.
So habe ich mich über ganz viele Jahre hinweg versteckt. Versteckt vor meinem persönlichen Umfeld, bin geflohen. Raus in die Wälder, weg in entfernte Städte. Ohne das hätte ich vielleicht vor Ort meine Traumfrau fürs Leben gefunden, mit ihr ein gemeinsames Leben und Familie aufgebaut, statt stundenlang über die Autobahnen zu cruisen und an wechselnden Orten bestimmt zwar auch reizvollen Frauen zu begegnen aber ohne die Nachhaltigkeit vor Ort. Auch hätte ich mich einer 'geordneten' Lebensentwicklung z.B. beruflich sehr viel besser hingeben können. Ich bereue nichts, was ich getan habe, aber mit Normalität des Rocks am Mann wäre mein Leben mit Sicherheit ein ganz anderes geworden.
Ich weiß, das können viele von Euch Mitforisten nicht begreifen, für mich hat dieses Thema aber tatsächlich einen zentralen Stellenwert. Und ich bin so eingebildet, dass ich sicher bin, ich stehe damit nicht alleine hier in Mitteleuropa.