Ich glaube, extrem "über den Tisch ziehen" lässt sich kaum einer.
Meine teuersten Röcke waren explizite Männerröcke von Anders Landinger. Bei meinem Besuch in seinem Atelier in einer Münchener Vorstadt habe ich 500 bis 600 Euro dort gelassen und zwei Röcke dafür mitgenommen. Mir war es ein mulmiges Gefühl gewesen, für zwei Röcke soviel zu investieren, aber meine damalige Freundin hat darauf bestanden. Und so habe ich es letztlich gerne dem Männerrock-Designerpaar zukommen lassen. Auch habe ich schon - wenn auch deutlich günstigere - Röcke gekauft, nur weil sie unter dem Label "Männerrock" angeboten wurden, um diese Initiative zu unterstützen. Die Anders-Landinger-Röcke habe ich zwar seltenst, aber immer mal wieder an. Manch anderer Männerrock, von Smog z.B., eventuell all die vielen Jahre bislang nur einmal.
Würde ich bei Farfetch z.B. toll finden, dass Thom Browne immer wieder Männerröcke anbietet und dies unterstützen wollte, dann würde ich das auch kaufen, wenn ich das nötige Großgeld dafür hätte.
Ich bewege mich aber in einer Vermögensliga, wo ich durchaus abwägen muss, ob mir ein einzelner Rock für viel Geld ideell mehr wert ist, als für das gleiche Geld eine Reihe verschiedener Röcke und Kleider zu erhalten. Mir ist letzteres eben ideell mehr wert, weil mich die Reihe von Röcken und Kleidern mehr Tage bekleiden als ein einzelner Rock das könnte - es sei denn, ich würde jeden Tag im selben Thom-Browne-Rock rumlaufen.
Vielfalt, Abwechslung und tatsächlicher Mehrwert ist mir eben lieber, als einen Designer mit dem Kauf eines Einzelstücks zu unterstützen.
Es ist schade, dass die Designer nicht auf mehr Stückzahl und somit erschwinglichere Preise setzen. Wenn ich mir ansehe, wie auf Mittelalter-Events sehr häufig Männer in hosenlosen Outfits zu sehen sind, so kann ich mir vorstellen, dass in einem für die größere Masse erschwinglicheren Preissegment viele dieser Männer auch zu erreichen wären, in ihrem Alltag hosenlose Kleidung integrieren zu wollen. Mein Eindruck ist: der Markt wäre da. Und solange Designer nicht versuchen, den massentauglichen Markt mit Männerröcken zu erschließen, solange werden die mutigsten von diesen Männern in die Damenabteilungen abwandern.
Ich zum Beispiel bin längst nicht mehr so einfach zu einem potentiellen massentauglichen Männerrock-Markt zurückzubewegen, weil ich im Laufe der Jahre sehr viele Vorteile, die die Damenmode mir anbietet, kennengelernt habe, die ich auch nicht mehr missen möchte.
Und wie einige von uns wissen: Die Damenmode scheitert nicht daran, für Männer tragbar zu sein, weil es anatomische Unterschiede im Körperbau gibt. Die Vielfalt in der Damenmode ermöglicht es, jedem Mann passende Kleidung bei den Damen finden zu lassen. Einzig in der Frage der Konfektionsgröße scheint es da quantitative Einschränkungen zu geben, kleiner oder zierlicher gebaute Männer aber kennen diese Beschränkung eher nicht - am ehesten aber noch beim Schuhwerk.
Je länger Designer warten, Männerröcke und -kleider im massentauglichen Preissegment anzubieten, desto mehr Männer werden in den Damenmode-Sektor abfließen und für auf Männer gemünzte Alternativen nur noch schwer erreichbar bleiben. Sicherlich, das sind nur die mutigsten unter den Männern und zahlenmässig eine verschwindend kleine Gruppe. Andererseits sind es genau diese Männer, die die Designer bräuchten als Vorreiter, um ihre erschwinglichen Kreationen unter die Masse zu tragen.
Fazit: Meiner Meinung nach: Der Markt ist da. Designer, traut Euch in die Masse!
Oft helfen die Frühjahr-/Sommer-Monate.
Also: Designer, fokussiert Euch auf Frühjahr/Sommer 2025!
Also: jetzt ran an die Arbeit!!!