Noch mal ein kleines Update zu dieser Situation:
Nun gesellt sich eine zweite Reaktion von einer neuen Mutter hinzu. Es wurde sich diesmal wieder bei Kolleginnen beschwert. Sie meinte: "Ich bin ja tolerant, aber...". Allerdings konnte sie nicht genau erklären, was sie stört. Ein Mann im Rock würde nicht ihren Werten entsprechen und sie überlegt, dass sie ihr Kind aus der Einrichtung abmeldet. Beim Nachhaken wiederholte sie nur diese Sätze. Sie unterstellt mir "Propaganda".
Ich habe nähere Details erfahren von einer Kollegin: Die Mutter kann es nicht einordnen, dass ein Mann Röcke trägt, das widerspräche ihren afrikanischen Werten, die weiterhin undefiniert blieben. Ihre dreijährige Tochter wäre verwirrt und würde meinetwegen die Welt nicht mehr verstehen. Ich würde Röcke nur aus Propagandazwecken in der Kita tragen. Sie vermutet das, weil es ein Bild von mir am Aushang gibt, wo ich auf einer Fortbildung eine Hose trage und das sei ziemlich verdächtig für sie. Ich würde meine Röcke extra nur in der Kita anziehen, um die Kinder zu beeinflussen. Sie sei tolerant und habe nichts gegen Schwule, denn sie hätte angeblich in ihrem Freundeskreis viele Homosexuelle, aber sie möchte nicht, dass so ein Mann ihre Tochter wickelt. Wenn ich hier weiter arbeiten würde, dann würde sie ihre Tochter abmelden, denn ein Mann im Rock ginge entschieden zu weit.
In Absprache mit der Leitung habe ich die Mutter angesprochen, weil ich generell offen und dialogbereit bin. Nachmittags ging ich auf sie zu und sagte: "Ich habe von den Kolleginnen gehört, dass du Gesprächsbedarf mit mir hast. Ist das noch aktuell?" Sie wirkte überrascht und bestätigte es. Ich fuhr fort: "Wir können uns jetzt gerne zurückziehen ins Gesprächszimmer, um kurz zu reden." Nach einem kurzen Augenblick Stille fing sie zu Stammeln an: "Heute geht es nicht. Wir sind auf dem Spielplatz verabredet." Ich schlug stattdessen vor, einen Termin auszumachen, aber sie lehnte das ab. Sie würde lieber mal spontan am Nachmittag auf mich zukommen.
Das war vor gut drei Wochen und sie hat bisher mein Gesprächsangebot nicht wahrgenommen. Die ersten Tage fiel es ihr sehr schwer mit mir Blickkontakt zu halten und zur Begrüßung bekam ich häufig ein gequältes Lächeln zu sehen. Es war ihr sichtlich unangenehm, dass ich von ihrer Beschwerde weiß. Mittlerweile redet sie mit mir, als sei nichts gewesen. Bei meiner Leitung hat sie sich vor Kurzem sogar positiv über mich geäußert. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ob sie ihre Vorurteile über Bord geworfen hat oder einfach nur feige ist, kann ich nicht einschätzen. Ich glaube allerdings nicht, dass sie es noch mal bei mir thematisieren wird.