Ja, Micha, das hast Du sehr schön ausgedrückt; sehr nüchtern und ohne Vorwurf, ja, die Realität fast "schöngeredet".
In der Tat ist es wohl so, dass Männer, verglichen mit Frauen, sich wohl extrem schwertun, neue "soziale Konstrukte" an sich zuzulassen. Sie haben förmlich Angst davor, aus der Rolle zu fallen. Ich kann nur nochmal meine Worte wiederholen, die ich seit einigen Wochen in meiner Forums-Signatur stehen habe: "Wie tief muss der psychische Knacks wohl sein, dass Männer sich nicht endlich auch mehr Freiheiten gönnen?"
Und dabei hat sich Lila, aber auch Rosa, als Hemdfarben an Männern doch längst etabliert. Lila bereits Ende der 80er. Und damals wurde die Symbolfarbe Lila, die für den Feminismus stand, förmlich dekonstruiert. Lila und Rosa sind als Hemdenfarben längst zugelassen und tausende Male gesehen. Und doch ist das in der breiten Masse nicht angekommen.
Neue Symbole, die dem Männlichkeitsschema bisher nicht entsprachen, werden exzentrischen Menschen zugestanden - oder diese als exzentrisch deklariert - und selbst Vorleben von Prominenten - ich nehme mal Thomas Gottschalk in meiner Orientierungsphase - trägt nicht dazu bei, Neues in die Männermasse zu tragen. Denn Prominente und Exzentriker haben ein gewisses Recht, aus der Menge auszuscheren, aber Gerhard, Hans und Manuel eben nicht. Denn sie wollen nicht von ihren Mitmenschen als Exzentriker angesehen werden.
Frauen hingegen sind viel empfänglicher, was von Exzentrikerinnen vorgelebt wird. So schaffen Promis wie Madonna, Britney Spears oder Taylor Swift Akzente zu setzen, die sich genügend Frauen trauen, aufzufangen und in abgemilderter Variante in die breite Masse der Frauen zu tragen. Männer sind hierbei überfordert. Weil ihnen diese Variabilität abgesprochen wurde, seit Kindesbeinen, nein, seit Kinderwagenrädchen.
Und tatsächlich, fremden Menschen ist es mittlerweile ziemlich egal, was man so treibt. Aber die nahestehenden Personen sind die, die dann zu einem Mann, der plötzlich im rosa Hemd vor ihnen steht, einen entsprechenden "korrektiven" Kommentar abgeben. Und ist es nicht die eigene Frau, die den Mann in seinem Rosa vielleicht sogar noch unterstützt, dann ist es irgendein Kumpel oder ewig gestriger Cousin, der was sagt und gegen das Rosa wettert. Das macht es einem Mann schwer, über die bisherigen eingefahrenen Bahnen hinaus zu agieren.
Trotzdem bleibt uns Betroffenen nicht sehr viel mehr übrig, als darauf zu hoffen, alte Männlichkeitsbilder mit unserem Vorleben neu zu formen und einige Männer auf den Geschmack zu bringen, nicht mehr so eng sich "von den Mitmenschen" bevormunden zu lassen.
Dass man sich nicht bevormunden lassen muss, zeigen viele von uns, dass es geht ohne, aus der Gesellschaft ausgestoßen zu werden.
Und diese Beispiele sind wichtig für die breite Masse an Männern, eigene Barrieren im Kopf vielleicht mal in Frage zu stellen.
So lässt sich der Rock als ewiges Sinnbild für Weiblichkeit vielleicht auch mal dekonstruieren.