Hallo Peterjo,
ich meine diese beiden Typen sind wirklich sehr sehr unterschiedlich. Die einen sind an Mode interesiert, so etwas wie Moderebellen. Vll. wollen sie auch nur auffallen. Aber: sie fühlen sich als Männer, nicht wenige Frauen erkennen das: wie sagt man doch: it needs balls to wear a skirt.
Die anderen wollen als Frau gesehen werden, sie wollen als Frau erscheinen, in der Rolle einer Frau auftreten. Man spricht dann von Transvestiten oder Crossdressern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Männer zufrieden sind, wenn sie nur einen Rock anstatt ihrer Hose tragen. Das kann vll. beim ersten Versuch so sein, aber auf Dauer sicher nicht. Man merkt immer wieder dass manch einer von ihnen hier postet, aber nicht auf Dauer.
Einspruch, Herr Richter.
Du machst es Dir zu einfach. Du sprichst damit Männern generell ab, daß sie auch Spaß und Freude daran haben könnten, ihren Körper herzurichten, oder wenn, dann nur im Rahmen dessen, was als 'männlich' gilt. Du stellst infrage, daß Männer sich anhand der gleichen Kriterien für bestimmte ästhetische Mittel (Kosmetik, feine Stoffe, aufwendige Frisuren, interessantes Schuhwerk) entscheiden können wie Frauen. Aus welchen Gründen entscheiden sich Frauen dafür, darauf zurückzugreifen? Und warum können diese Gründe nicht auch für den einen oder anderen Mann gültig sein?
Du definierst eine neue Normalität anhand Deiner Wünsche und verurteilst alle, die damit nicht konform gehen wollen. Ich packe mal wieder den Argumentationshammer aus: Barock & ganz besonders Rokoko. Es war in gehobenen Kreisen (und auch nur dort) gang und gebe, daß Männer und Frauen sich äußerlich herausputzten, aufwendige Stickereien an der Kleidung, Make-Up, Parfüm, feine & edle Stoffe, ausgeklügelte Schnitte usw. Du kannst davon halten, was Du willst, Du kannst aber nicht in Abrede stellen, daß Männer Männer und Frauen Frauen waren -- zumindest im gleichen Durchschnitt wie heute. Mein zentrales Anliegen ist --und das wird nicht durch Deine Kategorisierungen abgedeckt--, auch als Mann schön aussehen zu dürfen, als sinnliches und körperliches Wesen wahrgenommen zu werden. Die aktuellen Konventionen der Herrenmode bieten das einfach nicht.
Mit Deiner Argumentation ziehst Du eine scharfe Trennlinie zwischen Männlein und Weiblein, die dann sehr wohl auch zu Deinen Ungunsten verschoben werden kann. Wenn das Tragen von Absatzschuhen also darauf hindeutet (objektive Wahrheit ist), daß der Mann lieber eine Frau wäre, dann kann man das auch vom Tragen eines Rockes sagen. Ja, Röcke mögen bequem sein. Aber wer so argumentiert begibt sich auf die alten ausgetrampelten Pfade, daß ein Mann seine Kleidung nur nach praktischen Gesichtspunkten auswählt, gar nur auswählen darf. Und dieses Argument halte ich für schlichtweg falsch. Besteht Interesse, zerpflücke ich das gerne ausführlicher.
Die sind nur vorübergehend dazwischen, denn sie wollen ja komplett und und möglichst echt als Frau erscheinen. Bei ihren ersten Versuchen werden sie schonmal es nur mit einem Rock versuchen. Sie sind deshalb sicher keine "nur Rockträger" . SFH sind dabei unwichtig.
Nein, ich will nicht komplett als Frau erscheinen. Ich will nicht sagen, daß ich mir früher nicht manchmal gewünscht hätte, als Frau auf die Welt gekommen zu sein, aber auch nur, weil damit meine angestrebte Lebensweise einfacher zu verwirklichen wäre. Aber dieser Weg des geringsten Widerstandes ist mir verwehrt, ich bin nicht als Frau geboren, sondern als Mann -- und stelle fest, daß damit ein ganzes Paket an Anforderungen an mich gestellt wird, das Frauen so nicht zu erfüllen haben.
Ich will --natürlich aus rein eigennützigen Gründen, klar--, daß es egal ist, was man ist, daß alle auf die gleichen Stilmittel zurückgreifen können, wenn ihnen danach ist, ohne gleich die gesamtgesellschaftliche Ablehnung heraufzubeschwören. Wer Aufwand mit seinem Äußeren betreibt, muß immer mit Ablehnung rechnen, ebenso, wer Nachlässigkeit damit übt. Sich der Kritik entziehen kann nur, wer enge Vorgaben hat und diese befolgt. Aber die Beurteilung, wie jemand aussieht, sollte anhand ästhetischer Kriterien getroffen werden -- nicht anhand geschlechterrollenspezifische
r Erwartungen, die ja eh nur noch Männern auferlegt sind. Das ist meine kleine Welt, jaja, aber in meinen Kreisen ist die Gleichberechtigung der Frau weitgehend abgeschlossen -- sie haben eben aber noch ein enormes Plus an Rechten, die Männer nicht wagen in Anspruch zu nehmen, da sie um ihre geschlechtliche Identität oder besser deren Wahrnehmung fürchten.
Das grundsätzliche Problem --neben dem, was ich in meinem ersten Kommentar in diesem Thread erwähnt habe-- ist, daß modisch alle bekannten Felder von Frauen besetzt sind. Wer als Mann also Neues (für Männer) ausprobieren möchte, kann eigentlich nur bei Frauen wildern. Kommt etwas gänzlich Neues auf den Markt, dann wird das
sofort von Frauen besetzt, womit Mann nur wieder bei Frauen wildern kann. Selbst wenn Sachen zuerst für Männer auf den Markt kommen, sind es die Frauen, die da zuerst nachfragen. Männer sind ästhetisch bedeutend schwerfälliger als Frauen, wodurch Stück für Stück das Männermodeland von den Frauenmodefluten abgegraben wird.
Abschließend kann ich eigentlich nur sagen, daß es nicht falsch sein kann, wenn der Rock am Mann auf ähnlich vielfältige Weise stilistisch umgesetzt werden kann wie der Rock an der Frau. Wenn dazu Unterröcke, Reifröcke, Korsetts oder Strumpfhalter gehören, meinetwegen. Bei Damenunterwäsche zweifele ich ganz stark die Paßform an, bei BHs noch eher als bei Slips & Strings. Aber es kann natürlich sein, daß ein Mann ein gewisses Maß an Brust ausbildet, die das Tragen eines BHs notwendig macht. Auch kann ich mir ein Oberteil vorstellen, daß eher wie ein an der Unterbrustlinie aufhörendes Tanktop aussieht. Aber das eine ist eine Notwendigkeit, dann sollte man aber auch das Beste draus machen können, das andere ist ein Modeartikel, der wohl nicht als BH-Ersatz sondern als bauchfreies Shirt getragen werden soll -- wer den Körper dafür hat, warum nicht? Bei der unteren Unterwäsche ist aber einfach kein Beutel für meine primären Geschlechtsorgane, zumal es passendere direkt aus der Männerabteilung gibt. Hier wünsche ich mir eigentlich nur mehr Auswahl an Schnitten, Stoffen und Deko.
Ich hoffe, ich konnte Dir den einen oder anderen Gesichtspunkt verständlich machen. Es geht nicht darum, eine Frau zu sein, sondern in der gleichen Vielfalt schwelgen zu können, die eigene Kleidung und das eigene Körpergefühl zu genießen Warum tragen Frauen schöne Unterwäsche, die niemand außer ihnen sieht? Genau, es geht um das Gefühl dabei! Und es gibt Männer, die das auch genießen könnten, wenn es denn schöne Unterwäsche für sie gäbe. Es geht auch nicht darum, die eine gültige Wahrheit des Tragens von Röcken an Männern zu definieren, sondern Vielfalt zuzulassen. Wer eher der rustikale Typ ist, wird sich dann eben von FSH, Absatzschuhen und Beinrasuren fernhalten. Wer eher der elegante Typ ist, wird vielleicht Freude an hohen Hacken und FSH haben, gerne auch Make-Up auflegen. Wer der flippige Typ ist, wird neben dem kurzen Rock vielleicht auch noch zu bunten (F)SH greifen, aber eher Chucks oder Sneaker dazu tragen. Es ist eine Typfrage, und von denen, die sich hier befremdlich vorkamen und Anlaß zum Threadstart, wird nur der rustikale Stil propagiert. Das kann aber nicht die ganze Geschichte sein vom Rock am Mann.
LG
Masin