Objektiv tragen wir das, was in Hinblick auf die Gewohnheit Kleidung ist, die für Frauen gedacht und meist auch von ihnen verwendet wird.
Na, cephalus, das ist ja auch das Argument, was mich innerlich wiederum ein wenig tröstet.
@ Wolfgang:
Warum stört Dich der Ausdruck "Mann in Frauenkleidern"?
Naja, bei "Mann in Frauenkleidern" schwingt bei mir noch ein deutlicher Beigeschmack mit.
Rein von der Wortbedeutung könnte man - ohne weiteres zu wissen - doch noch denken, dass es sich um einen Transvestiten handelt, der versucht, möglichst nahe dem Erscheinungsbild einer Frau zu kommen, aber signalisieren will, dass er ein Mann ist, um auf diese Weise Attraktivität bei einer bestimmten Klientel (nicht abwertend gemeint) zu erzielen.
Beigeschmack aber auch durch mein Erleben in meiner Kindheit. Das war die Zeit, wo im Verwandtenkreis z.B. noch von "175ern" gesprochen wurde, alles auch begleitet mit einer gewissen Abscheu, Verachtung. Oder wie mein Onkel mal erklärte: "Es gibt 'Mannfrau' und es gibt 'Fraumann'!" (auch als deutliche Abgrenzung zum Bedeutungsinhalt des Begriffs 'Mannweib')
Und ein Mann in Frauenkleidern löst in mir diese Schwingungen aus, worauf ich in der damaligen Zeit dahingehend geprägt wurde. Die geistige Nähe zu etwas (ehemals) anrüchigem ist mir beim Begriff "Mann in Frauenkleidern" eigentlich zu groß.
"Mann im Rock" finde ich wesentlich deskriptiver und weniger wertend.
Es wäre vermessen davon auszugehen, dass die Kleidung nur deswegen als Männerkleidung gesehen wird, weil ein Mann sie trägt. Bis sich die Sichtweise dahingehend ändert müsste man sehr oft Männer in entsprechenden Outfits sehen.
Naja, ich bin ja schon froh, dass ich noch immer auf Anhieb als Mann wahrgenommen werde. Das ist mir schon wichtig. Auch irgendwie als Botschaft. 'Frauenkleidung' als Bezeichnung steht da schon ein wenig mit seiner Aura im Weg.
Und in dem Umfeld, in dem ich mich bewege, wäre mir ja schon wichtig, den Leuten, die mir begegnen, dahingehend Gedankenimpulse zu setzen: Ein Mann kann auch Röcke tragen!
Jetzt könnte / müsste ich natürlich sagen, wenn mir diese Abgrenzung von dem oben genannten Komplex so wichtig ist, dann müsste ich also alles tun, um möglichst perfekt als Mann wahrgenommen zu werden.
Ich könnte beispielsweise nur Kilts tragen - beste Möglichkeit (mag ich aber nicht an mir).
Oder eben bewusst nur schlichte Röcke, Jeansröcke oder eher dunkle Leinenröcke im Sommer. Der Rest, den ich trage, alles oberklassische Männersachen. Und jedenfalls auch keine Kleider und so.
Habe ich ja auch lange so gemacht. Ich habe bewusst nichts anderes getragen - und beim Rest war mir fast wichtig, dass es nicht zu feminin vorkam, auch wenn es aus der Herrenabteilung stammte!
Inzwischen aber bin ich von diesem konsequenten 'männlichem Purismus' abgekommen. Es gibt eine Reihe von verschiedene Gründen, Erkenntnissen, Entwicklungen. Sie dürften Viellesern hinreichend bekannt sein. Hier kurz ein grober Schnelldurchlauf:
- Zum Rock gefunden: Nichts engt ein im Schritt (superbequem im Ggs. zur Hose)
- Erste Tanktops aus der Damenabteilung: Nachdem mir die Männer-Tanktops zu dick und zu hochgeschlossen waren
- andere Damenoberteile: angenehmere, leichtere Stoffe u. Schnitte - angenehmer im Sommer
- noch mehr ausgeschnittenes von den Damen / Spaghetti: optimale Bekleidung für meinen Körper bei Hitze
- Kleider: erstmals bewusst geworden, dass es auch gerade Schnitte gibt
- wildere Muster: macht Freude, nicht nur Streifen und Karos zu tragen
- Strumpfhosen: endlich im Winterhalbjahr nicht nur knöchellange Röcke!
- Damensandalen: weniger Material, Füße optimal belüftet
- sonstige Damenschuhe: sehen manchmal graziler aus, wirken oft wie Männerschuhe, größere Auswahl, mehr Farbvielfalt
- Blümchenmuster: macht Freude, auch: Guck, ein Mann kann das auch tragen!
- Rosa: Guck, ein Mann kann das auch tragen! Und macht Freude, auch ein wenig zu provozieren

- Kleider mit viel Ausschnitt, Muster, leichter Stoff, gar Chiffon: angenehm, mehr Variationsspielraum
Kurzer Abriss im Schnelldurchlauf.
Also ich habe mir deutlich mehr erobert als es für meinen anfänglichen Grund für die Röcke nötig wäre. Manches, was ich entdeckt habe, macht viel Sinn (z.B. damit mein zur Überhitzung neigender Körper nicht unnötig belastet wird). Und manches macht einfach nur Freude.
Und Sinn und Freude stelle ich mindestens auf einen ähnlichen Level wie meine hehre Absicht, mich beobachtende Männer in die Röcke bringen zu wollen.
Und mit dieser Mixtur kann ich, ja muss ich damit leben, mich damit abfinden:
Objektiv tragen wir das, was in Hinblick auf die Gewohnheit Kleidung ist, die für Frauen gedacht und meist auch von ihnen verwendet wird.
Nach ein paar Mal mich Schütteln und sieben Mal tief durchatmen kann ich nun allmählich für mich akzeptieren:
Ja, neben "Mann im Rock" bin ich wohl auch ein "Mann in Frauenkleidern".