Autor Thema: heute-show: Soldaten im Kleid  (Gelesen 1289 mal)

Offline doppelrock

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Antw:heute-show: Soldaten im Kleid
« Antwort #15 am: 17.10.2025 22:50 »
Also erstens ist das Satire und wie weit man das ernst nehmen muss, ist fraglich.

Satire, die man nicht ernst nimmt, hat ihr Ziel verfehlt.

Warum brauchten Narren früher wohl den Schutz der Narrenfreiheit, wenn es eh nicht ernst zu nehmen wäre, was sie von sich gaben?

Warum leben Satiriker in Diktaturen so gefährlich, wenn man nicht ernst nehmen würde, was sie sagen?

Von guter Satire kann man mehr über Missstände in der Gesellschaft lernen, als von manchem ernst formulierten Beitrag.

Satire hält uns den Spiegel vor bzw. den Menschen, die sie auf die Schippe nimmt.

LG, Micha

Satiriker leben in Diktaturen und Scheindemokratien gefährlich, weil sie unverblümt Wahrheiten aussprechen und damit Lügengebäude, die dem Machterhalt dienen, zum Einsturz bringen können.
"Des Kaisers neue Kleider / Der Kaiser ist nackt!"
Noch mehr als die Satire sagt der Umgang mit Satire über eine Gesellschaft aus. Etwa wenn das Weiterleiten eines Bildes mit der Einschätzung, man empfindet einen Politiker als Dummkopf, schon mit 4-5stelligen Strafen und Hausdurchsuchung geahndet wird.

Den Klamauk aus der Heute-Show bzw. die ganze Sendung kann ich nicht ernst nehmen, weil deren Spektrum nur von stumpf bis bösartig reicht, niemals aber intelligent gemacht ist. Ich halte es einfach für sinnlos, in solche Plattitüden Inhalte zu interpretieren, die garnicht vorhanden sind. Gut gemachter Humor trifft, OHNE verletzend zu sein.

Online Skirtedman

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Antw:heute-show: Soldaten im Kleid
« Antwort #16 am: 18.10.2025 11:11 »
Nun ja, Soldaten im Rock schießen wahrscheinlich nicht.
So ist der Rock am Soldaten dann praktisch "wehrkraftzersetzend" ...


Ein Mann im Rock ist (wirkt wahrscheinlich) harmloser - was man natürlich von den römischen Gladiatoren nicht sagen kann.

Wieso sollen Soldaten im Rock wahrscheinlich nicht schießen?
Wer aus der Kombination 'Soldat' und 'Rock' auf sowas schließt, baut in seine Gedanken eine Menge Vorurteile ein.
Eine Feststellung z.B. widerlegt dies (auch wenn die nicht im heutigen Sinne geschossen haben), nämlich eben die Gladiatoren.

'Wehrkraftzersetzend' sah man lange Zeit, dass man keine Schwule in den Armeen haben wollte. Ich vermute, weil:
- sie tatsächlich weicher sein können und nicht schießen,
- sie die Wehrkraft zersetzen, weil sie andere Soldaten mit ihrem Begehren ablenken könnten.
Übrigens der selbe Grund, weshalb man auch keine Frauen in der Armee haben wollte. Wobei in puncto Frauen da mir noch andere potenziell gute Gründe einfallen würden.

Aber - ich als Hosenverweigerer - muss tatsächlich zugeben: in Hosen kann man leichter durchs Gebüsch robben. In diesem Punkt mag ein Rock wehrkraftversetzend sein.

Jedoch: Ich habe noch Bilder im Kopf, wo in den großen Kriegen auch Soldaten in Kilts im Kampfeinsatz waren.

Wobei beim Wort 'Kampfeinsatz' mir noch ein weiterer wehrkraftversetzender Faktor einfallen würde für einen Rock am Soldaten: Wenn es von eben auf jetzt zu einem ungeplanten Verteidigungsfall käme und die Kollegen im Rock sagen würden: "Moment, ich muss mir grad noch eine Hose anziehen!".
Dass Männer nur Hosen tragen, ist weder körperlich noch geistig gesund.
Wie tief muss der psychische Knacks wohl sein, dass Männer sich nicht endlich auch mehr Freiheiten gönnen!?

Offline Gofalski

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Antw:heute-show: Soldaten im Kleid
« Antwort #17 am: 18.10.2025 14:31 »
Hallo zusammen,

Das habe ich auf einer BW-Website gefunden:

"Der Dienstanzug für Frauen besteht aus einer dunkelblauen Jacke oder Bluse mit Kragen, die mit einer Krawatte oder einer Schleife getragen wird. Dazu gehört eine Hose oder ein Rock in derselben Farbe sowie schwarze Schuhe. In einigen Fällen kann eine Schirmmütze oder ein Barett Teil des Dienstanzugs sein.

Für den Gefechtsdienstanzug tragen Frauen eine tarnfarbene Kampfjacke oder einen Kampfanzug mit passenden Hosen oder Röcken. Diese Uniform wird in erster Linie bei militärischen Einsätzen, Übungen oder im Gelände getragen. Zur Ausrüstung gehören auch Stiefel und ein Helm.

Die Uniformen der Bundeswehr sind funktional und an die spezifischen Anforderungen des Dienstes angepasst. Die Unterschiede in den Uniformen zwischen Männern und Frauen sind meistens auf Passform und Schnitt zugeschnitten, um den anatomischen Unterschieden Rechnung zu tragen."

Es scheint also zumindest für Frauen zulässig zu sein mit Röcken durch Gelände zu krabbeln. Da sich die Unterschiede in den Uniformen nur "meistens auf Passform und Schnitt" beziehen könnte das ja auch für Männer gelten. Ich gehe trotzdem mal davon aus, dass hier eine Ausnahme gilt.
Die bescheuerte Ansprache von Hegseth wäre doch ein guter Anlass, das mal zu hinterfragen. Gleichberechtigung der Geschlechter, auch in der Armee, ist ja keine Einbahnstraße.

Die Bilder von schottischen Soldaten im Kilt habe ich auch noch vor dem inneren Auge, sie kommen - glaube ich - aus dem berühmten englischen Dokumentar-Propaganda-Film zur Schlacht an der Somme.

Offline doppelrock

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Antw:heute-show: Soldaten im Kleid
« Antwort #18 am: 18.10.2025 17:50 »
Eigentlich erschreckend, wie sehr Kriegshandlungen verharmlost werden durch eine vermeintliche Auswahl bei der Bekleidung.
ich möchte nie an einer Ostfront oder sonstwo für Oligarchen und Waffenschmieden mein Leben riskieren. Auch eine angebliche Auswahl der Bekleidung macht es nicht weniger tödlich. In der Ukraine soll die Überlebenszeit etwa 4-5 Stunden betragen, in anderen Kriegen an der Front um 3 Wochen. Es ist kein Spaziergang, bei dem man einfach nach Lust und Laune zwischen Rock und Hose wählen kann. Manche Leute hier erwecken den Eindruck, dass sie genau das glauben.
Eine Parade-Uniform mag in anderen Gelegenheiten getragen werden, in der Schlacht zählt nur Überleben und für die Kleidung bedingungslos Funktion.
Die Klamauksendung zeigt auf ihre Art, was aus der Bundeswehr und der Gesellschaft geworden ist.


Offline MAS

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Antw:heute-show: Soldaten im Kleid
« Antwort #19 am: 18.10.2025 18:29 »
Nichts ist doch lächerlicher als Militär im Kleidchen.

Das, lieber Timper, erinnert mich an eine Szene aus "Asterix der Gallier", in welcher Asterix und Obelix über die Römer in ihren Kleidchen, ähm, Tunicae, lustig machen. Es ist eine Frage der Kultur. In einer Kultur, in der nur Männer in Hosen als seriös gelten, magst Du recht haben. Aber ob z.B. Alexander oder Julius Cäsar das auf sich hätten sitzen lassen, wage ich zu bezweifeln.
Und auch heute gibt es zumindest weibliche Uniformen mit Rock - ja, der Mann in dem Sketch trug einen Rock, kein Kleidchen - und in manchen Kulturen auch männliche. Und in ihrer Kultur wirken sie keineswegs lächerlich. Auf uns dagegen schon mitunter, weil wir Röcke oder "Kleidchen" eben anders zu bewerten gewohnt sind.

Unpraktisch für viele militärische Aufgaben sind Röcke und Kleider dagegen schon.

LG, Micha
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Offline Gofalski

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Antw:heute-show: Soldaten im Kleid
« Antwort #20 am: 18.10.2025 19:09 »
Eigentlich erschreckend, wie sehr Kriegshandlungen verharmlost werden durch eine vermeintliche Auswahl bei der Bekleidung.
 Es ist kein Spaziergang, bei dem man einfach nach Lust und Laune zwischen Rock und Hose wählen kann. Manche Leute hier erwecken den Eindruck, dass sie genau das glauben.

Die Klamauksendung zeigt auf ihre Art, was aus der Bundeswehr und der Gesellschaft geworden ist.

Lieber doppelrock, ich hoffe, dass Du nicht auch mich mit "Manche Leute hier" gemeint hast. Ich bin mir der unmenschlichen Schrecken des Krieges sehr bewusst. Allerdings denke ich, dass ein Soldatenkult inklusive prächtiger Uniform und Marschmusik, wie wir sie aus der preußischen Tradition kennen, auch  eine verharmlosende Funktion hatte. Piefke hieß übrigens der preußischen Leiter der Militärkapelle im Krieg 1866, daher der Spitzname in Österreich.

Du hast Recht mit der Formulierung "Klamauksendung" zumindest für den Abschnitt der hier diskutier wird. Allerdings zeigt er nicht, was aus der Bundeswehr, sondern nimmt die neuesten Blüten des amerikanischen Militarismus aufs Korn, denke ich.

LG

Offline MAS

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Antw:heute-show: Soldaten im Kleid
« Antwort #21 am: 18.10.2025 21:58 »
Beidem stimme ich zu,
1.) dass Krieg eine schreckliche Sache ist, und keine harmlose Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.
2.) dass in Satire-Sendungen auch Klamauk vorkommt.

Und sicher ist das Hauptthema dieses etwas albern dargestellten Sketches dieser neue alte Militarismus, Rassismus und Sexismus in den USA unter der derzeitigen Administration, die hoffentlich bald Geschichte sein wird. Die Hoffnung habe ich, indes, mir fehlt das Vertrauen, dass das so leicht funktioniert. Und klar, gefällt so manchem diese Satire gerade deswegen nicht.

LG, Micha
 

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Offline doppelrock

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Antw:heute-show: Soldaten im Kleid
« Antwort #22 am: 19.10.2025 06:07 »
Bevor man sich über Probleme anderer Länder aufregt, wäre es angeraten, sich um die Themen im Inland zu kümmern.
Da gibt es soviele Hausaufgaben, dass für solche meist überheblichen Fingerzeige garrkeine Ziet bliebe.

Ebenso dumm ist es, die Probleme zu personifizieren und an einen Erlöser zu glauben, der als Nachfolger alles löst und ein Paradies auf Erden schafft. Das wird dort nicht kommen und das hat auch hier nichts verändert, Anfang des Jahres.

Die kaputtgesaparte, durch Moralismus und Politik zersetzte Bundeswehr wirkte schon 1990 für Pflichtteilnehmer wie eine Gurkentruppe und seitdem ist es sicher nicht besser geworden. Wokismus, Impfbefehl und neue Diskussion um Zwangsdienst tragen nicht zum Ansehen bei.
Statt das zu erkennen und Fehler abzustellen wird einfach über andere gelacht.

Für mich spielt ein "Soldat im TüTü" vor allem au Wokeismus, Quoten, Genderdiskussion im Heer an. Etwa die Geschichte eines Trans-Soldaten, LKW mit Einhorn-Deko. Dafür ist das Röckchen nunmal ein TV-gerechtes Symbol.

Offline Albis

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Antw:heute-show: Soldaten im Kleid
« Antwort #23 am: 19.10.2025 17:41 »
Na da habe ich mit meinem kleinen Beitrag wieder eine Diskussion ausgelöst... Danke für Eure Rückmeldungen.

Nein, ich werde keine Anzeige gegen das ZDF erstatten, denn die gezeigte Parodie des Soldaten im Rock wird von der Presse- und Meinungsfreiheit gedeckt. Ich wollte Euch trotzdem darauf aufmerksam machen und in Erfahrung bringen, wie Ihr darüber denkt, denn ich bin dadurch in der Tat ein wenig verunsichert worden. Insofern danke ich denjenigen unter Euch, die dennoch Selbstbewusstsein verbreiten. Und wenn ich weiter darüber nachdenke, komme ich auch zu dem Schluss, dass diejenigen, die ein Problem mit Männern im Rock haben, wahrscheinlich eher seltener die heute-Show gucken.

Im Übrigen: Wenn die Bundeswehr den Rock als Dienstkleidung für Frauen zulässt, müsste er auch für Männer zugelassen sein. Im Übrigen stimme ich natürlich zu, dass Krieg das Gegenteil von Spaß und absolut kein Anlass für modische Experimente ist. Wenn ich in den Krieg müsste, würde ich meine Kleidung auch ausschließlich nach deren Funktion wählen.

Gruß, Albis

Offline MAS

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Antw:heute-show: Soldaten im Kleid
« Antwort #24 am: 19.10.2025 19:09 »
Lieber Albis,

ja, Du brauchst Dich bzw. wir brauchen uns durch so ein Witzlein nicht verunsichern zu lassen. Witze gegenüber Menschen, die anders sind als die Mehrheit, gab es immer. Manchmal können sie gefährlich werden, wenn aus dem Lachen über Menschen ein Hass auf diese Menschen wird. Das ist hier aber nicht der Fall. Was hier in erster Linie aufs Korn genommen wird, ist die Vorstellung von Hegseth und Konsorten von Soldaten in Frauenkleidern. Zweitens wird auch die mangelnde Wehrfähigkeit der Bundeswehr aufs Korn genommen, aber in diesem Witz eher an zweiter Stelle. Und drittens auch rocktragende Männer, aber erst an dritter Stelle.

Die Botschaft dieses Witzes ist nach meiner Interpretation also, dass eine Vorstellung von Männlichkeit, wie Hegseth usw. sie haben - nicht nur in USA, sondern generell, auch bei uns - Angst davor haben, so eine lächerliche Figur zu meinen zu werden, wie der in dem Sketch.
Die zweite Botschaft ist die, dass unsere Bundeswehr tatsächlich an sich arbeiten muss. Das ist vor allem ausgedrückt in dem Versuch des rocktragenden Soldaten, durch Hochspringen die Drohnen vom Himmel zu holen.
Die dritte Botschaft ist dann vielleicht, dass Soldaten im Kampf besser Hosen tragen. Aber auch in Hosen könnte er die Drohnen nicht durch Hochspringen vom Himmel holen.

Indes ist der suboptimale Zustand der Bundeswehr natürlich eine Folge des Glaubens an den Frieden, der nun endlich Realität geworden sei. Das Geld könnte man in einem echten Frieden für andere Dinge ausgeben, wie Abwenden der negativen Folgen des Klimawandels oder vielleicht gar des Klimawandels selbst, Bekämpfung von Armut, von Umweltschädigung, von Tierquälerei usw. usf. Und wir wähnten uns, in diesem Frieden zu sein oder zumindest ihm sehr nahe zu sein. Das war aber wohl ein Irrtum.

Aber ich glaube, dass unsere Gesellschaft friedlich genug ist, um den Wunsch als Mann Röcke, Kleider und andere herkömmlich als weiblich geltende Kleidung zu tragen, in die Tat umsetzen zu können. Dieser Frieden ist aber durch Menschen wie Hegseth in Gefahr, also durch Menschen, die ein Männlichkeitsbild vertreten, das dem Rocktragen oder anderen nicht als männlich geltenden Verhaltensweisen in der Freiheit der eigenen Lebensgestaltung entgegensteht.

Es gibt ja auch hier in Deutschland Menschen, die so ticken wie er. Sie sollten nicht in entsprechende Machtpositionen kommen!

LG, Micha

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Offline Albis

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« Antwort #25 am: 21.10.2025 20:54 »
Lieber MAS,

die unterschiedlichen Ebenen des Sketches sind mir schon bewusst...

Ja, unsere Gesellschaft mag friedlich genug sein, sodass ungewöhnlich gekleidete Menschen nichts zu fürchten haben. Aber werden diese Menschen auch vollumfänglich respektiert und akzeptiert? Ermöglicht die Gesellschaft diesen Menschen den gleichen Zugang zu bestimmten Kreisen wie sie es "gewöhnlich" gekleideten Menschen ermöglicht? Ich bezweifle das. Es liegt eben in der Natur des Menschen, in gewissem Maße das zu mögen, was sie kennen und das, was sie nicht kennen bzw. das, was von der "Norm" abweicht, abzulehnen. Und das trifft noch auch auf Männer im Rock zu.

Es tut mir ja leid, wenn ich diesbezüglich eher Pessimismus verbreite. Doch ich denke, dass ich da ein recht feines Gespür entwickelt habe, wie man mir im Rock im Vergleich zu mir in Hosen begegnet. Diejenigen, die ausschließlich im Rock unterwegs sind, können diesen Unterschied natürlich nicht mehr spüren.

LG, Albis

Offline cephalus

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« Antwort #26 am: 21.10.2025 21:13 »
Doch ich denke, dass ich da ein recht feines Gespür entwickelt habe, wie man mir im Rock im Vergleich zu mir in Hosen begegnet. Diejenigen, die ausschließlich im Rock unterwegs sind, können diesen Unterschied natürlich nicht mehr spüren.

Lieber Albis,
wie würdest Du diesen Unterschied beschreiben?
Ich erkenne ihn selbst nicht, obwohl ich wohl zu 2/3 Hosen trage.
Besondere Situationen, wie Geburtstag auf dem Land oder Vergleichbares mal ausgenommen - aber selbt dort hatte ich nicht das Gefühl als Mensch anders gesehen oder behandelt zu werden. Lediglich meine Kleidung war Thema - für mich legitim.

Offline doppelrock

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« Antwort #27 am: Gestern um 06:42 »
Lieber MAS,

die unterschiedlichen Ebenen des Sketches sind mir schon bewusst...

Ja, unsere Gesellschaft mag friedlich genug sein, sodass ungewöhnlich gekleidete Menschen nichts zu fürchten haben. Aber werden diese Menschen auch vollumfänglich respektiert und akzeptiert? Ermöglicht die Gesellschaft diesen Menschen den gleichen Zugang zu bestimmten Kreisen wie sie es "gewöhnlich" gekleideten Menschen ermöglicht? Ich bezweifle das. Es liegt eben in der Natur des Menschen, in gewissem Maße das zu mögen, was sie kennen und das, was sie nicht kennen bzw. das, was von der "Norm" abweicht, abzulehnen. Und das trifft noch auch auf Männer im Rock zu.

Es tut mir ja leid, wenn ich diesbezüglich eher Pessimismus verbreite. Doch ich denke, dass ich da ein recht feines Gespür entwickelt habe, wie man mir im Rock im Vergleich zu mir in Hosen begegnet. Diejenigen, die ausschließlich im Rock unterwegs sind, können diesen Unterschied natürlich nicht mehr spüren.

LG, Albis

Hallo Albis,

das sehe ich ähnlich kritisch in der heutigen denkfaulen Zeit, wo mehr oder weniger alle "aufgewackten" auf einen Anführer oder Erlöser hoffen, der ihnen einflüstert, was zu tun und zu denken ist.
Verstärkt wird das durch die Cancel Culture, eine sehr aggressive, laute Minderheit, die das Denken des Mainstream vorgibt. Schon um nicht mit denen in Konflikt zu geraten, schweigen viele lieber. Schließlich geht es nicht nur um Meinung, sondern auch Job, Existenz, manchmal Leben.
Um den Dauerkonflikt im Kopf zu lösen, dass diejenigen, die einen zu erlösen vorgeben, in Wirklichkeit grauenhaft schlecht sind, weicht man zum Stockholm-Syndrom aus und sympathisiert mit seinen Peinigern und nimmt ihr Verhalten sogar in Schutz gegen Kritik.
Generell ist es hier so, dass nicht unbedingt eine abweichende Meinung an sich von der konformen Masse bestraft wird, sondern vor allem frei lautes und selbstbewusstes Aussprechen.

Gruß
doppelrock

Offline SW Michl

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Antw:heute-show: Soldaten im Kleid
« Antwort #28 am: Gestern um 09:28 »
Mich beschäftigen die unterschwelligen Reaktionen meiner Mitmenschen auch immer mehr. Ganz im Gegenteil zur Zeit kurz nachdem ich begonnen habe, Röcke zu tragen.

Immer öfter habe ich das Gefühl, weniger ernst genommen zu werden. Nach dem Motto: von dem kann nichts Sinnvolles kommen, der hat ja eh 'n Hau weg.

Ob meine eigene Unsicherheit dieses Gefühl erfindet oder meine Wahrnehmung schärft, ... ja, da bin ich unsicher.

Online Skirtedman

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« Antwort #29 am: Gestern um 12:21 »
Interessant, Michl:

Das Gefühl, weniger ernst genommen zu werden, aufgrund abweichender Kleidung.

Ich nehme das in dieser Weise nicht wahr, obwohl dieser Gedanke ja naheliegen könnte.

Ich nahm Deine Worte mal zum Anlass, um ein wenig in meine Geschichte hineinzuhorchen, hineinzufühlen.

Wegen eines anderen Zusammenhangs derzeit in meinem Kopf - entsprechender Forumsbeitrag wird folgen; EDIT: folgte - dachte ich primär daran, dass ich manchmal - sehr vereinzelt - schon mal das Gefühl hatte, in der Gastronomie nicht bedient oder sehr schlecht bedient worden zu sein; ja, bisweilen auch abgelehnt ("alles reserviert") worden zu sein. Nicht selten hat sich hinterher es aufgeklärt, dass wirklich alles reserviert war (was allerdings nur selten sich aufklären lässt), die Bedienung nur schlecht war, oder dass ein menschlicher Fehler z.B. bei Klärung von Zuständigkeiten (z.B. "Dein Tisch!", "Nee, Dein Tisch!") vorlag, oder man wegen Überlastung tatsächlich einfach nur vergessen worden ist. Oft fühlte ich mich schon bewusst vernachlässigt, während sich später alles mit einer Herzlichkeit, Freundlichkeit und mit großen Entschuldigungen aufklärte.

Dennoch ein paar Restvorkommnisse bleiben übrig, wo die Ablehnung vielleicht wirklich eine Rolle spielte.

Bleiben wir auf dem Feld der Gastronomie. Früher ernährte ich mich deutlich häufiger von Kebab oder Börek als inzwischen. Und betrat ich ein für mich neues solches Steh- oder Straßenrestaurant, begleitete mich oft das Gefühl, ggf. auf Verachtung und Ablehnung zu stoßen bei Personal und den oft da daueranwesenden Stammgästen. Mein eigenes Vorurteil über deren Vorbehalte und die Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen ohne zu verstehen, was sie reden, ließ dieses dumpfe unterschwellige Gefühl aufkommen. - Gut in diesem Zusammenhang ist, wenn man auf die Schlüsselworte "adam" (Mann) und "etek" (Frauenrock) achtet, letzteres nicht zu verwechseln mit "ekmek" (Brot). -

Es gibt viele Möglichkeiten, neben verbal in einer mir unverständlichen Sprache diffamiert zu werden auch noch schlechter bedient zu werden... ...weniger Fleisch, ungares Fleisch, weniger Gemüse, irgendeine Zutat willentlich weggelassen oder willentlich die falsche Soße etc., begleitet vom Wissen über den Skandal, wo früher eine bewusst schlechte, verunreinigte Soße bereitgehalten wurde für unliebsame Gäste oder Deutsche. - Fast nie hat sich mein unterschwelliges Gefühl meines Vorbehaltes bestätigt. Ich bin fast immer zuvorkommend und fair behandelt worden. Meine Sorgen waren fast immer unbegründet.

Dieser Gastro-Bereich ist ja nur eine Ebene des alltäglichen Lebens, den man aber ein bisschen als Gradmesser nehmen könnte, wie fremde Leute auf Dich reagieren und mit Dir umgehen. Freilich mag das Interesse von Gastronomen an meinem Geld größer sein, als meinen Anblick aus seinem Gastbereich sofort oder auf Dauer zu verbannen.

Ich glaube - wenn ich meinen Werdegang in Rock und Kleid beleuchte -, am Anfang unter Menschen hatte ich das Gefühl, alle (fast alle) finden mich einfach nur daneben, peinlich oder lächerlich. Manche sprachen ja auch Flüche über mich aus, andere verhöhnten mich lautstark auf Plätzen und Straßen. Das alles kam ja gar nicht selten vor, zu Anfang "meiner Zeit".

Später hat das sehr nachgelassen. Die Gesellschaft ist gereift. Ich bin gereift. Ich konnte über Angriffe drüberstehen. Ich habe auch einen etwas gesicherteren Modestil entwickelt, der weniger Angriffsfläche zur Lächerlichkeit geboten hat. Ich konnte besser reagieren, und über Ablehner hinweglächeln oder sie mit meinem Lächeln als Gegenreaktion für mich gewinnen...
All das hat mich sicherer in meinem Auftreten gemacht.

Und nach dieser ersten Phase der Unsicherheit (die bei mir viele Jahre dauerte) sickerte ich auch, mental gefestigt, allmählich in die normale Alltagswelt ein. Ich hatte keine Vorbehalte mehr, im Rock zum Arzt zu gehen. Ich überlegte nicht mehr, ein Restaurant zu meiden, weil ich Angst vor Ablehnung wegen des dortigen gehobeneren Flairs befürchtete. Ich konnte auch mehr auf Menschen zugehen. Ich konnte meine Freunde in meine Bekleidungslieben einweihen. Die Verwandtschaft begann, sich daran zu gewöhnen oder damit abzufinden, etc.

In dieser zweiten Phase (mit unterschiedlichen Teilgeschwindigkeiten, auch was die Arbeit betrifft) war ich unter den Menschen angekommen - und hatte auch intensiveren Kontakt, ja, da musste ich langsam, ganz langsam hie oder da auch mich erst beweisen, ernst genommen zu werden. Ja, nachdem die erste Phase der eigenen Vorbehalte gegen die Meinung der anderen abgeschlossen war, eröffnete sich eine Phase, wo ich mit eigener Energie tatsächlich die Vorbehalte einiger anderer Mitmenschen aufbrechen musste.

Vielleicht bist Du gerade in einer ähnlichen "Entwicklungsstufe". Solche Phasen enden nicht eben und jetzt und eine neue Phase beginnt, sondern sie gehen langsam ineinander über - und geschehen auf unterschiedlichen Ebenen unterschiedlich schnell.

Ich denke, diese zweite Phase ist bei mir in der Tat praktisch völlig abgeschlossen. Und das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden, hat sich massiv gelegt. Im Gegenteil, inzwischen glaube ich, gerade wegen meiner Normabweichung öfter ernster genommen zu werden, mehr geachtet zu werden, gegenüber von als wäre ich noch derselbe Hosenmatz von einst, oder gegenüber von ganz wenig vereinzelten Menschen, die mich noch immer eher ablehnen. Ich glaube, heutzutage werde ich von den Menschen in ähnlichem Maße gemocht und von anderen abgelehnt, wie es der Fall wäre, würde ich dem allgemeinen Erwartungsbild (also Hosen) entsprechen.

Nur, heute sind es die richtigen Leute, die, die besser zu mir passen. In einem aufgezwungenen Hosenleben wären eben etliche richtige Leute nicht dabei, weil sie keine Chance hatten, mein Inneres kennenzulernen; und es wären etliche scheinbar "richtige" Leute dabei, die aber nicht zu meinem Inneren passten, also kurzum einige falsche "richtige".

Tja, schade, dass diese Betrachtung jetzt im Thread "Soldaten im Kleid" untergeht. Und schade, dass wir jetzt so viel eher offtopic-Worte hier im Thread haben.

Aber das musste ich jetzt mal an dieser Stelle nachdenken und niederschreiben.
Vielleicht, Michl, findest Du da einiges, was auch zu Deinem Werdegang Ähnlichkeiten aufweist.
Dass Männer nur Hosen tragen, ist weder körperlich noch geistig gesund.
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