Autor Thema: Blogbeitrag: Jonas war im Kleid in der Schule!  (Gelesen 32740 mal)

Offline cephalus

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Re: Blogbeitrag: Jonas war im Kleid in der Schule!
« Antwort #75 am: 22.06.2014 00:16 »
Heute habe ich einen kleinen Stadtbummel gemacht und beobachtet wie eine Mutter gerade bemüht war, ihr zwei Jungs zum Weitergehen zu bewegen, die gerade an einem Kleiderständer in der Mädchenabteilung standen.
Beiden Jungs, vielleicht 5 und 7 Jahre alt, gefielen die Shirts dort offensichtlich.
Mit den Worten "das ist für Mädchen" hat die Mutter das Thema erfolgreich beendet.

Ich habe mich an diesen Thread erinnert und mir die Frage gestellt, wie viele Buben eigentlich zu solchen "Experimenten" wie der s.g. Jonas bereit wären, käme nicht sofort das "Regulativ Mutter" oder auch Vater ins Spiel.
Ich denke, dass die Eltern die erste Hürde darstellen, noch bevor Kinder durch ihre Altersgenossen zur "Raison" gebracht werden.

Gerade vorher habe ich meiner Frau vorgeschlagen mal mit unserem Sohn einkaufen zu gehen und ihn unbeeinflusst selbst aussuchen zu lassen - ihre erste Reaktion war: "gute Idee, aber bitte meide die Mädchenabteilung".

 :o ??? ::) :-\ :'(

Offline high4all

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Re: Blogbeitrag: Jonas war im Kleid in der Schule!
« Antwort #76 am: 22.06.2014 06:50 »
@cephalus
An Deinen Beobachtungen wird deutlich, wie Erziehung funktioniert und die "Abneigung" von Männern gegen Frauenkleidung entsteht.
Wenn Jungs solche Sätze wie "das ist für Mädchen" oder "das ist nichts für Jungs" vielleicht 20, 50 oder 100 mal hören, prägt sich das für´s ganze Leben ein. Diese Schwelle ist dann nicht so leicht zu überwinden. Wir kenne diese Sperre im Kopf von uns selbst zur Genüge.

Oft sind es weniger die äusseren Umstände, die uns daran hindern, einen Rock zu tragen, als diese "Kopfsperre" in uns. So habe ich es jedenfalls bei mir selbst registriert, bevor ich das erste Mal in die Öffentlichkeit gegangen bin. Auch in Foren taucht diese Problematik bei Neulingen immer wieder auf.
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Re: Blogbeitrag: Jonas war im Kleid in der Schule!
« Antwort #77 am: 22.06.2014 10:43 »
Lieber Cephalus,

aber eines musst Du sicher zugeben: Diese Mutter wird wahrscheinlich ähnlich wie Du bei Deinem Sohn auf Normeinhaltung pochen, um ihre Kinder vor negativen Reaktionen der Mitmenschen zu schützen. Und Deine Frau will das sicher auch mit ihrer Bitte, die Mädchenabteilung zu meiden.

Davon abgesehen identifizieren sich aber viele Menschen mit den gesellschaftlichen Normen und empfinden sie als normal. Die Wörter "Norm" und "normal" hängen ja auch miteinander zusammen. Als ich mal einer Kollegin gegenüber das Wort "Hosenzwang" benutzte, meinte sie, es sei interessant, dass ich das als Zwang empfinde.


Lieber Harry,

ich glaube, wir haben ein schwieriges Thema angefangen, das das Theadthema hier sprengt. Ich mache da mal einen neuen Thread auf.

LG, Michael
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androgyn

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Re: Blogbeitrag: Jonas war im Kleid in der Schule!
« Antwort #78 am: 22.06.2014 12:41 »
Als ich mal einer Kollegin gegenüber das Wort "Hosenzwang" benutzte, meinte sie, es sei interessant, dass ich das als Zwang empfinde.

Sie wird es nicht als Zwang empfinden, da sie zwischen Hose, Rock oder Kleid wählen kann.
Genau diese Aussage habe ich von unseren BA-Studenten gehört. Warum ich mich von etwas befreien würde, was gar nicht da ist. Also, er ist der Ansicht es gäbe keinen Hosenzwang, obwohl 99% der Männer (freiwillig) Hosen tragen.


Offline cephalus

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Re: Blogbeitrag: Jonas war im Kleid in der Schule!
« Antwort #79 am: 22.06.2014 13:01 »
Lieber Michael,

aber eines musst Du sicher zugeben: Diese Mutter wird wahrscheinlich ähnlich wie Du bei Deinem Sohn auf Normeinhaltung pochen, um ihre Kinder vor negativen Reaktionen der Mitmenschen zu schützen. Und Deine Frau will das sicher auch mit ihrer Bitte, die Mädchenabteilung zu meiden.

ich hatte keine Kritik geübt, vermutlich ist mir das Verhalten in Hinblick auf diesen Thread besonders aufgefallen. Anderenfalls, ohne das Thema hier gehabt zu haben, hätte ich es vielleicht nicht mal wirklich wahrgenommen.
Dass die Mutter reflektiert gehandelt hat, mit dem Hintergedanken des Schutzes ihrer Kinder, bezweifle ich, eher ist sie einem Automatismus, resultierend aus ihrer eigenen Sozialisation heraus gefolgt.

Leider erhält sich das System auf diesem Weg selbst: Würden mehr Menschen, egal welchen Alters frei und unbeeinflusst ihre Kleidung auswählen, wären die sich jetzt daraus potentiell ergebenden "Risiken" passe.

Genau diese Aussage habe ich von unseren BA-Studenten gehört. Warum ich mich von etwas befreien würde, was gar nicht da ist. Also, er ist der Ansicht es gäbe keinen Hosenzwang, obwohl 99% der Männer (freiwillig) Hosen tragen.

@rock aktiv
Ein Hosenzwang existiert für die Mehrheit, 99% ist wohl viel zu niedrig angesetzt, tatsächlich nicht.
Um das Gefühl eines Zwanges zu haben, muss man zuerst die Situation reflektiert haben und dann zu entsprechenden Ergebnis kommen. Das hat praktisch kein Mann gemacht.

Sogar selbst würde ich nicht von Zwang reden - ich habe mich, auch bevor ich gelegentlich Röcke getragen habe, nicht beeinträchtigt gefühlt, im Sinne von Zwang oder Unfreiheit - Mehr gestalterische Freiheit und gelegentlich ein klimatischer Vorteil bietenein Röcke, aber keine Befreiung von irgendwelchen Zwängen.

LG
Cephalus

Offline high4all

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Re: Blogbeitrag: Jonas war im Kleid in der Schule!
« Antwort #80 am: 22.06.2014 13:33 »
99,9 % der Männer in Mitteleuropa, die Hosen tragen, empfinden keinen Zwang. Es ist für sie völlig normal, Hosen zu tragen. Da ich noch nicht lange mit dem Tragen von Röcken angefangen habe, kann ich das nachvollziehen.

Erst als ich mit Röcken in der Öffentlichkeit zu sehen waren und einige (negative) Reaktionen kamen, ist mir der gesellschaftliche Zwang, der durch die Norm: „Männer tragen Hosen“, ausgeübt wird, klar geworden.

Das Wort „Druck“ passt m.E. besser als das Wort „Zwang“.  Der Druck, z.B. bestimmte Marken-Turnschuhe zu tragen, um nicht als Außenseiter zu gelten, ist hinlänglich bekannt.
Wenn wir also Röcke tragen, entsprechen wir nicht der Norm und sind Außenseiter unter den Hosenträgern.  Damit sind wir zumindest unterschwellig einem Gruppendruck ausgesetzt.

Tragen wir ebenfalls Hosen, fallen wir nicht auf , weil wir der Norm entsprechen und sind keinem Druck ausgesetzt.

Bei mir hat es über 50 Jahre gedauert, mich von den seit der Kindheit verankerten Bildern/Normen: „Männer tragen keine Röcke“ und „Männer tragen keine Absatzschuhe“ zu befreien (emanzipieren).
Andere Normen und Bilder werden bleiben, vielleicht verändern sich wieder andere, wer weiß.



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androgyn

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Re: Blogbeitrag: Jonas war im Kleid in der Schule!
« Antwort #81 am: 22.06.2014 13:36 »
Ein Hosenzwang existiert für die Mehrheit, 99% ist wohl viel zu niedrig angesetzt, tatsächlich nicht.

Sogar selbst würde ich nicht von Zwang reden - ich habe mich, auch bevor ich gelegentlich Röcke getragen habe, nicht beeinträchtigt gefühlt, im Sinne von Zwang oder Unfreiheit - Mehr gestalterische Freiheit und gelegentlich ein klimatischer Vorteil bietenein Röcke, aber keine Befreiung von irgendwelchen Zwängen.
Was meinst du mit 99% sind zu niedrig angesetzt? Es geht nicht höher als 100%. Und wir sind schon mal raus aus den 100%.

Ich habe auch nie Hosenzwang bei ihm erwähnt und der auch nicht. Das habe ich jetzt nur geschrieben, weil das Wort gefallen ist. Es war vielmehr so, wie du es beschreibst. Warum ich mich von etwas befreien würde, wo doch Männerbekleidung genauso endlose gestalterische Freiheit bietet. Ich sollte mir doch die Männer anschauen wie individuell sie angezogen sind. Naja ganz ehrlich gesagt, ob jemand ein blaues oder rotes Hemd, eine Jeanshose oder eine Stoffhose trägt, macht noch lange keine Individualität aus. Es ist in seiner Grundform immer noch eine Hose und ein Hemd. Ein Rock ist zwar auch ein Rock in seiner Form, aber ist doch schon eine erweiterte Kombinationmöglichkeit gegenüber der Standardgarderobe für Männer. Darum geht es.

androgyn

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Re: Blogbeitrag: Jonas war im Kleid in der Schule!
« Antwort #82 am: 22.06.2014 13:47 »

Erst als ich mit Röcken in der Öffentlichkeit zu sehen waren und einige (negative) Reaktionen kamen, ist mir der gesellschaftliche Zwang, der durch die Norm: „Männer tragen Hosen“, ausgeübt wird, klar geworden.

Wenn wir also Röcke tragen, entsprechen wir nicht der Norm und sind Außenseiter unter den Hosenträgern.  Damit sind wir zumindest unterschwellig einem Gruppendruck ausgesetzt.
Hast du tatsächlich negative Reaktionen gegenüber deiner Person zu spüren bekommen?
Ich nicht. Das habe ich für mich mal genauer analysiert.
1. Zum einem kann es sein, dass einem jungen Menschen gewisse Freiräume und Experimentelles eher zugesprochen wird, als einem Mitte 40er. Davor habe ich ein bisschen Bammel alt zu werden. Die 30 sind nicht mehr weit.

2. Bin ich eher ein Typ mit weicheren Zügen und gertenschlank, obwohl noch männlich erkennbar. Und kann daher vielleicht eher mit beiden Geschlechtern spielen.

3. Ich ein Ossi bin. Eine verwandte sagte mir einmal, dass es im Osten modemäßig viel farbenfroher und ausgeflippter ist, als im Rest der Republik. Vielleicht sind wir offener und unverklemmter?


Du spürst den Druck nicht von anderen, aber dafür spürst du den eigenen Druck
 dich anzupassen, was du eigentlich gar nicht willst, sondern dich gemäß deiner Persönlichkeit kleiden, wenn auch angemessen der Situation wohlgemerkt. Wenn ich unter Männern mit Hosen bin und ich im Rock, sind sie für mich auch in gewisser weise Außenseiter, die sich zu einer kleinen Gruppe zusammen gerottet haben. Man kann es aus verschiedenen Seiten sehen.

Offline high4all

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Re: Blogbeitrag: Jonas war im Kleid in der Schule!
« Antwort #83 am: 22.06.2014 14:29 »
@rock aktiv
Die tatsächlich erlebten negativen Reaktionen will ich nicht überbewerten, sind aber passiert. Brauchen wir kein Wort drüber zu verlieren.

Zu1: Ich weiß nicht, ob Leuten ab 40 (oder 30) weniger modische Freiheiten zugestanden werden. Wenn, dann ist das nirgends aufgeschrieben. Aber Sätze wie: „und das in ihrem Alter“ erhärten schon einen gewissen Verdacht. Gehört wahrscheinlich zum allgemeinen Jugendwahn, der mir gewaltig auf den Zeiger geht. Daher rührt auch Dein Bammel, alt zu werden. Keine Angst davor, das geht von alleine. Immer daran denken. Wenn Du über 50 bist, morgens aufwachst und es tut  nichts weh, dann bist Du tot!

Zu2: Gertenschlank bin ich nicht mehr und werde es auch nicht mehr. Das modische Spielen mit beiden Geschlechtern ist gleichwohl möglich. Nicht alle Frauen haben Modelmaße.

Zu3: Kann nicht beurteilen, ob die Mode in Neufünfland farbenfroher und ausgeflippter ist. Ich weiß nur, dass sie in den 70er Jahren im Westen sehr viel „verrückter“ war als heute. Da wären wir alle viel weniger aufgefallen. Leider sind viele gute Ansätze im Sand verlaufen.

Außenseiter: Wenn Du also als einziger Rockträger unter 100 Männern unterwegs bist, sind 99 (Hosenträger) davon Außenseiter?
Auch eine Sichtweise. Erinnert mich an den Geisterfahrer auf der Autobahn, der die Verkehrsmeldungen hört und sagt: „Ein Geisterfahrer? Hier sind Hunderte von Geisterfahrern unterwegs!“ (Ist nicht böse gemeint, bitte mit Humor lesen.)
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Re: Blogbeitrag: Jonas war im Kleid in der Schule!
« Antwort #84 am: 22.06.2014 15:39 »
Was meinst du mit 99% sind zu niedrig angesetzt?

Nunja, 99% würde bedeuten jeder 100. Mann würde den Zwang empfinden, realistisch ist wohl jeder 100000.
Also 99,999 - ein riesen Unterschied ;)

Wie bei Ausfallzeiten von Technik, z.B. EDV Betriebsbereitschaft von 99% klingt gut, bedeutet aber, dass die Kiste 3-4 Tage im Jahr steht :P

Was modische Freiheiten Betrifft, denke ich, dass es weniger vom Alter als vom Typen und seinem Umfeld abhängt, wie die Umwelt reagiert.

In meinen 20ern war jede Abweichung in meinem Umfeld ein riesen Thema, ich hätte sie nie gewagt. Mit etwas über 30 war ich auch noch brav angepasst, bis auf die Haarlänge , die einem Chef-Chef dann doch mal eine Bemerkung wert war.
Seit ich die 40 gerissen habe, gönne ich mir reichlich Freiheiten wie ich mich kleide und es kommt nichts negatives, höchsten Interesse oder Gefallensbekundungen. Auch die Haarlänge war schon lange kein Thema mehr, auch nicht die Farbe  ;)

Woran es liegt? Ich kann es nicht sagen - zum einen hat sich die Gesellschaft geändert, ich habe mich als Typ geändert glaube insgesamt stimmiger und souveräner zu wirken und außerdem hat sich meine Lebenssituation und mein Umfeld geändert - Kein Chef mehr, keine Kollegen nur noch ein Mitarbeiter.

Cephalus

Offline Asterix

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Re: Blogbeitrag: Jonas war im Kleid in der Schule!
« Antwort #85 am: 22.06.2014 15:55 »
Außenseiter: Wenn Du also als einziger Rockträger unter 100 Männern unterwegs bist, sind 99 (Hosenträger) davon Außenseiter?
Auch eine Sichtweise. Erinnert mich an den Geisterfahrer auf der Autobahn, der die Verkehrsmeldungen hört und sagt: „Ein Geisterfahrer? Hier sind Hunderte von Geisterfahrern unterwegs!“ (Ist nicht böse gemeint, bitte mit Humor lesen.)

Nun ja, man muss aber trotzdem dazu sagen, dass Außenseiter schlicht und ergreifend Menschen/Wesen außerhalb des Eigenen sind. Das Eigene ist der Bezugspunkt. Zahlen spielen da eine untergeordnete Rolle. Außenseiter können also "Fremde" jeder Art sein, seien es Menschen mit anderer Staatsangehörigkeit als die eigene, Menschen mit anderen Vorlieben als die eigenen...das bedeutet, dass man irgendwie immer Außenseiter ist oder nicht, je nachdem mit welcher Gruppe man sich vergleicht.

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Offline MAS

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Re: Blogbeitrag: Jonas war im Kleid in der Schule!
« Antwort #86 am: 22.06.2014 19:02 »
Hallo zusammen,


ich lese aus einigen Beiträgen, dass Zwang nur bestehe, wenn man ihn auch empfindet. Also kann es nicht sein, dass ein Gefangener seine Gefangenschaft nicht als Zwang erlebt, der Zwang aber dennoch da ist, sondern der Zwang existiert nur, wenn der Gefangene ihn auch empfindet?

Ich jedenfalls empfand die Männer-tragen-nur-Hosen-Konvention als Zwang. Und von dem habe ich mich befreit.

Besagte Kollegin, die sich verwundert zeigte, dass ich es als Zwang empfand, fragte ich, ob sie, wenn das Hosentragen für Frauen so unüblich wäre wir im 19. Jahrhundert, für das Hosentragerecht kämpfen würde. Sie verneinte das. Sie sagte, sie gneieße die Freiheit, zwischen Rock und Hose wählen zu können, aber wenn das nicht so wäre, wäre es ihr nicht so wichtig, dafür zu kämpfen.

Dieser kleine Jonas und die Kinder in dem Geschäft, die Cephalus gesehen hat, und auch Cephalus Sohn, der gerne ein Kleid wir die Mama hätte, empfinden den Zwang sicher auch, wenn sie ihn vielleicht auch vergessen, nachdem sie den Widerstand gespürt haben, den andere ihren Wünschen entgegenstellen. Man kann sich an vieles gewöhnen.

Wie viele Menschen empfinden es als Zwang, morgens früh aufstehen und arbeiten zu müssen? Es gibt Menschen, die machen das gerne, andere machen es nicht gerne, aber auch letztere gewöhnen sich daran. Nun ist das Arbeiten ja auch in gewissem Maße notwendig, nicht nur zum Geldverdienen, sondern weil unsere Gesellschaft ohne Arbeit nicht funktioniert. Da kann also auch Einsicht helfen, sich zu motivieren.

Aber welche Einsicht sollte einen dazu motivieren, die Männer-tragen-nur-Hosen-Konvention nicht als Zwang zu empfinden? Oder umgekehrt: Welche Einsicht brauchen die Männer, um sie als Zwang zu sehen?

Und zu der Diskussion um die "Außenseiter". Ich denke nicht, dass jemand, der weiß, dass er als einziger etwas tut, was die Mehrheit anders tut, diese Mehrheit als Außenseiter ansieht. Eher sieht er sie als auf dem falschen Weg und sich selber auf dem Richtigen, wenn auch als Außenseiter, gemäß dem Sprichwort: "Schwimme nicht mit dem Strom, denn der fließt nach unten. Dein Weg aber soll nach oben führen!" Da ist man sich voll bewusst, ein Außenseiter zu sein und kulturivert das sogar und ist stolz darauf.

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Offline Asterix

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Re: Blogbeitrag: Jonas war im Kleid in der Schule!
« Antwort #87 am: 22.06.2014 21:04 »
Hey Cephalus!

aber eines musst Du sicher zugeben: Diese Mutter wird wahrscheinlich ähnlich wie Du bei Deinem Sohn auf Normeinhaltung pochen, um ihre Kinder vor negativen Reaktionen der Mitmenschen zu schützen. Und Deine Frau will das sicher auch mit ihrer Bitte, die Mädchenabteilung zu meiden.

Ich werd das Gefühl nicht los, dass Du und Deine Frau selber zu ängstlich seid, zu Euren eigenen Wünschen zu stehen. Um so schwieriger wird es, wenn ihr Euch dann gegenseitig unterstützen sollt, wenn es relativ ungewöhnliche Wünsche sind. Und dasselbe Muster zeigt ihr dann gegenüber Eurem Kind.

Die Mutter, von der Du in Deinem letzten Beitrag erzählt hast, zeigt dasselbe Muster.

Um dann Tines Frage zu beantworten: Ich hätte mir eben Eltern gewünscht, die eben hinter einem stehen können, weil sie selber zu sich stehen. Das zieht sich quer durch meine Kindheit und Jugend und bis heute. Besonders deutlich wurde die ganze Geschichte, als ich eben anfing, Röcke etc zu tragen. Mit der Zeit ist mir dabei zweierlei bewusst geworden, als ich anfing mein Leben zu reflektieren: Zum einen, dass meine Eltern es nicht fertigbrachten, zu sich selber zu stehen und damit für mich keine wirkliche Stütze waren, da sie Angst insbesondere vor der Umgebung hatten, auf der andern Seite, dass ich es ebenso wenig auf die Reihe kriege zu mir zu stehen und mein Ding einfach durchzuziehen. Stattdessen laviere ich rum, versuche ich dauernd es anderen (wie meine Eltern auch) recht zu machen, ziehe beispielsweise im Zweifelsfall lieber 0815-Kleidung an, statt das, was ich in dem Moment gerade will, oder tu nicht einfach das, was ich gerade tun will. Angst davor, dass man sich nicht verteidigen kann, ist auch ein Motiv. Wichtig ist daher - das sag ich aus eigener bitterer Erfahrung, dass Kinder lernen sich adäquat zu verteidigen, anstatt lernen ihre Persönlichkeit (Wünsche, Sehnsüchte, Kreativität...) zu unterdrücken aus Angst vor Mobbing. Und gemobbt und schikaniert wird in der Regel derjenige, der sich nicht wehren kann. Sich zu unterdrücken macht außerdem mit der Zeit sehr depressiv.

Gruß, Asterix
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Offline Peter

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Re: Blogbeitrag: Jonas war im Kleid in der Schule!
« Antwort #88 am: 23.06.2014 09:29 »
Nun ja, man muss aber trotzdem dazu sagen, dass Außenseiter schlicht und ergreifend Menschen/Wesen außerhalb des Eigenen sind. Das Eigene ist der Bezugspunkt. Zahlen spielen da eine untergeordnete Rolle.

Man kann den Sprachgebrauch so lange umdefinieren, bis er zur Argumentation passt, tss-tss...  :-\

 
Jetzt sind die guten alten Zeiten, nach denen wir uns in zehn Jahren zuruecksehnen werden.

Offline GregorM

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Re: Blogbeitrag: Jonas war im Kleid in der Schule!
« Antwort #89 am: 23.06.2014 09:44 »
Vier-fünf Tage ohne Zeit für das Forum – sowas kommt auch bei Rentnern vor, glaube es oder nicht – und dann schon um 70 Beiträge mehr zu diesem Tema.
 
Ich habe bestimmt nicht alles mitbekriegt, aber zum Tines doch ein paar Kommentare:

Nach dieser sehr kurzen experimentellen Phase war für ihn alles, was irgendwie auch nur ansatzweise nach Mädchen aussah, erledigt. Es genügte eine Naht in lila und das ansonsten grau-braun-unfarbige Kleidungsstück war untragbar für ihn.
Seine süßen blonden Locken haben damals auch dran glauben müssen.

Hallo Tine,

ich bin grundsätzlich mit dir einig. Wir sollen als Eltern das Beste für unsere Kinder tun. Was das ist, kann vom Kind zum Kind abweichen, von der Situation abhängen, und vom Umfeld unterschiedlich sein. Auch muss der Zeithorizont berücksichtigt werden. Was wäre am besten jetzt und was auf die Dauer?

Dazu kommt natürlich, dass wir als Eltern die falsche Entscheidung nehmen können, wie sehr wie uns auch daran bestreben, die für das Kind optimale Lösung zu wählen.

Lass mich ein paar Szenarien aufstellen:

1.   Ein Junge möchte zur Schule einen Rock oder ein Kleid tragen. Seine Eltern haben ihn gewarnt, geben aber nach. Resultat: Der Junge wird gepöbelt, und er erkennt, dass die Eltern Recht hatten, und auch selbst hat er erkannt, es war nichts für ihn. Er ist für beständig kuriert. Die Hänseleien hören nach einer kurzen Zeit von selbst auf. Problem endgültig gelöst.  

2.   Der gleiche Junge möchte zur Schule einen Rock oder ein Kleid tragen. Seine Eltern wollen davon nichts wissen. Sie überreden ihn, es zu unterlassen, oder sie verbieten es ihm regelrecht, denn sie wissen ja besser.
Er lebt mit dem Gedanken weiter, wie schön es doch wäre, im Rock oder Kleid zu gehen? Oder sich vielleicht sogar als Mädchen verkleiden?

Es wird bei ihm einen permanenten Drang, den er erst als erwachsener ausleben kann. Mit dem Risiko dafür, dass was in einem Tag hätte erledigt werden können, ihn das ganze Leben lang verstärkt verfolgen wird.

Wir Rockträger könnten natürlich das als vorteilhaft finden. Aber wäre es nun auch so?

Ich allerdings ziehe es vor, dass ich Röcke aus Lust und Laune und nicht aus Drang träge. Dass ich es nicht muss, um mich überhaupt wohl zu fühlen, sondern dass sie für mich einfach eine Wahlmöglichkeit sind, wie bei den meisten Frauen Hose oder Rock oder Kleid sind.
    
3.   Ein anderer Junge möchte zur Schule einen Rock oder ein Kleid tragen. Seine Eltern haben ihn gewarnt, geben aber nach. Resultat: Der Junge wird gepöbelt, aber für diesen Jungen ist das Gefühl, im Rock oder Kleid gehen zu können, doch wichtiger als die Hänseleien der anderen Schüler. Er wird trotzdem gerne damit weitergehen, und hoffentlich lebt er in einem Land, in einem Gebiet oder in einer Stadt, wo sich das Umfeld bald daran gewöhnen. Wäre es für ihn nicht besser, dass er noch als Junge, das, was er „benötigt“ und ihm nicht nur eine fixe Idee ist, haben kann?  

Oder es gäbe in diesem Fall einen Kompromiss: Er könnte vielleicht damit leben, die Mädchensachen nur in der Freizeit und im Urlaub zu tragen und seine Hosen als eine Art Uniform zu akzeptieren, ob eine echte oder ein Anzug, wie in einigen Berufen bei Erwachsenen noch üblich.  

Aber, eingeräumt, leicht ist es nicht. Und deshalb wohl auch so viele Beiträge dazu.

Viele Grüße
Gregor  
Gruß
Gregor


 

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