Ich finde es gut, die Diskussion auch wieder mehr an den Anfang dieses Threads anzulehnen.
Ich wollte schon seit Tagen mich thematisch auf den Start dieses Threads beziehen. Allerdings war mir auch wichtig, zunächst auf andere Aspekte einzugehen, z.B. auf die Gefühle bei meiner persönlichen Strumpfhosen-Historie.
Und auf einen Aspekt vom Start wollte ich auch noch näher eingehen, den Gregor gut in Worten zusammengefasst hat:
Moin,
Wenn ich dann noch einen Damenhöschen anhabe, fühle ich mich sehr weiblich... Ich weiß, das der Rock geschlechtslos ist und trotzdem nutze ich ihn, um in der Öffentlichkeit ein Stück Weiblichkeit zu zeigen.
Geschlechtslos ist ein Rock wohl vor allem (oder nur) Männern, die im Rock männlich erscheinen wollen. Da du offentsichtlich gerne Weiblichkeit ausstrahlen möchtest, ist es wohl ein Vorteil, falls der Rock nur weiblich konnotiert ist, oder?
Auch wenn die Aussage teils in einer Frage formuliert ist, so hat Gregor das gut in quasi zwei Lager differenziert.
Auch diese Hin- und Hergerissenheit hat weiters Blumenrock, haben auch andere thematisiert und hirti in seinem Beitrag von vorhin nochmals aufgegriffen.
Gut ist, dass ich mit diesem Beitrag ein paar Tage gewartet habe, weil zu
Gregors klarer Zweiteilung und
der gelegentlichen Hin- und Hergerissenheit zwischen beidem von manch Anderem sich dann heute bei einigen meiner Vorredner noch ein weiteres Lager aufgetan hat, das ich glatt übersehen hätte:
Diejenigen, denen es explizit schnuppe ist, ob es "männlich" oder "weiblich" ist, ja, sogar, ob sie selbst als eine "männliche" oder "weibliche" Person aufgefasst werden, Michas Kategorie "Mensch" mag da exemplarisch dafür stehen.
Also ist es so, dass es unter uns Rockträgern doch überwiegend
zwei drei Lager gibt, in die man sich eher verorten kann. Und teilweise stehen die sich sogar in ihren Assoziationen konträr gegenüber, ja vielleicht manchmal sogar im Wege. Zum Glück ist es nicht mehr so, dass wir hier deswegen Grabenkämpfe ausfechten würden. Dennoch verschiebt sich durch diese Unterschiede unter uns die Interessenlage jeder Partei so auf unterschiedliche Dinge.
Ich habe in meinen längeren Beitragen in diesem Thread schon auf mein gelegentliches manchmal in Spuren vorhandene "weiblich" fühlen hingewiesen. Aber dennoch verorte ich mich in meiner Kleidung
(trotz meiner Kleidung) und in meinem Tun als klar "Mann".
Lieber Blumenrock, so wie Du es hier und auch in anderen Beiträgen ausdrückst, scheint Dir sehr wichtig zu sein, dass Du auch ein "Höschen" trägst (was hier eindeutig als Damenunterhose gemeint ist). Das bereitet Dir glückliche Gefühle. Nun ist es ja so, dass die Unterwäsche doch etwas sehr intimes ist, und dass man die für gewöhnlich eher selten bis gar nicht auf der Straße in der Öffentlichkeit zur Schau stellen kann. Umso prickelnder ist es für Dich, doch die Gelegenheiten zu nutzen, anderen diese eher verborgene Freude mitzuteilen - beim Arztbesuch zum Beispiel. Oder es in Worten eben uns mitzuteilen. Es scheint Dir an diesem Stück Weiblichkeit sehr viel zu liegen und spiegelt vermutlich auch Dein Inneres, mit welchen Gefühlen Du mit Rock und Strumpfhose umgehst, und was Du überwiegend damit verbindest.
Ich kann das alles nachvollziehen, ist bei mir doch diese gelegentliche Hin- und Hergerissenheit auch nicht völlig entschwunden.
Ich erwähnte irgendwo in meinen ersten langen Vor-Beiträgen hier im Faden, dass mich das Erobern von weiblichen Dingen reizt.
Zum Beispiel schrieb ich (muss man nicht zwingend wieder lesen) :
Aber mit all dem empfinde ich dieses Erleben nicht als etwas Weibliches. Vielmehr freut es mich, die Erfahrungen, die Frauen damit machen können, selber zu erleben. ... . Das sind Erfahrungen, die ich mit den Frauen nun teilen kann. Erfahrungen, die mich aber dadurch nicht weiblicher fühlen lassen, sondern die ich als Mann mir an Erfahrung und Erleben aneigne.
Wie ich auch andernorts im Forum schon öfter beschrieben habe, will ich diese weiblichen Elemente - oft auch hyperfeminine Elemente -, also Rock, Strumpfhose, weite Ausschnitte, Spaghettiträger, Farbe Rosa, Pastelltöne, Blumen, Muster, ausschweifende Silhouetten etc., "erobern", in mein Leben integrieren, und sie an mir als Mann durchaus zu "entweiblichen". Sie hinein ins Männliche zu überführen. Oder mit Michas Zwischenstufe (oder Überstufe) "Mensch" ausgedrückt...
...nicht mich als Person zu deklassifizieren, sondern die benutzen Kleidungselemente zu deklassifizieren, also ihnen diese rein weibliche Anmut zu nehmen, sie quasi nicht weiblich oder männlich zu belassen, sondern sie "menschlich" zu machen.
Schließlich haben - entschuldigt meinen weiten Bogen - Frauen auch vieles erobert: das selbstverständliche Recht auf Arbeit, private Tätigkeiten wie Motorradfahren oder Bergsteigen, Sport überhaupt, auch Fußball, achja: Hosen, Hemden, Anzüge.
Sie haben den Männern ihr ausschließliches Recht auf Hosen genommen. Sie haben eigentlich alles von den Männern mit den einstmaligen ausschließlich Männern vorbehaltenen Exklusivitäten genommen. So wurde alles "vermenschlicht" - ist doch egal, ob das ein Mann macht bzw. anzieht, oder eine Frau. So kann das auch mit den Exklusivitäten geschehen, die bisher ausschließlich Frauen gemacht bzw. angezogen haben.
Und mit dieser Sicht darauf, ermächtige ich mich, bislang weibliches in mein Mann-Dasein reinzuholen.
Die Gefühle, die ich dabei habe, sind
wie erwähnt nur selten mit
'sich weiblich fühlen' konnotiert,
sondern das als weiblich aufgefasste mir zu erobern, es zu 'vermännlichen',
und es zu nutzen und damit zu (er)leben, was viele Männer sich außerstande sehen, jemals zu erobern,
ja, auch ein paar Glücksgefühle dabei, es trotz anfänglichem Widerstand durchzuziehen,
und mit Zufriedenheit das ganze Repertoire nutzen zu können, mich optisch zu gestalten.
Und all die Dinge, die
wie oben angerissen Frauen für sich erobert haben,
hat im großen Durchschnitt die Frauen nicht männlicher gemacht,
sie sind fast alle noch immer genauso Frau und weiblich.
Und das können wir Männer auch. Dinge erobern, ohne uns zu verweiblichen.
Das ist meine Message.
Für Frauen steht alles zur Verfügung. Für uns Männer auch. Wir müssen es nur nutzen.
Und dann brauchen wir uns auch keinen allzu großen Kopf mehr drum machen, ob etwas "zu weiblich" ist.
Wer, so wie Du, Blumenrock, das überwiegend etwas anders sieht, dem ist diese Entglorifizierung von weiblichen Elementen vielleicht nicht ganz so lieb. Aber ich denke, es braucht nicht die Kleidung, um sich innerlich weiblich zu fühlen.