Autor Thema: Wie viel Weiblichkeit darf es denn sein?  (Gelesen 1760 mal)

Offline MAS

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Antw:Wie viel Weiblichkeit darf es denn sein?
« Antwort #45 am: Gestern um 11:21 »
Das finde ich sehr gut zusammengefasst, lieber Zwurg!

Wir können das nochmal trennen:
Gesicht und Figur sind natürlich, biologisch.
Kleidung und Accessoire und auch die Frisur sind kulturell.

Was wir an biologischen Merkmalen als männlich oder weiblich wahrnehmen ist angeboren, die kulturellen Merkmale sind sozial konstruiert. Soziale Konstrukte, wenn man sie in der primären Sozialisation erlernt hat, sind aber oft so in unseren Denkgewohnheiten festgelegt, dass sie uns quasi wie natürlich vorkommen. Jemand (ich vergesse immer wieder, wer das war*) nannte das "relativnatürlich".

Und je älter wir werden, desto weniger haben wir Freude an kulturellen Experimenten. D.h. zuerst als Kinder nehmen wir kulturelle Konstrukte wie Naturgesetze war, als Jugendliche stellen wir sie in Frage, als Erwachsene finden wir unseren Modus der kulturellen Konstrukte, mit denen wir gut zurechtkommen, und als Senioren sind wir recht unflexibel damit. Das gilt nicht für alle Menschen, aber für viele.

Es ist dann aber auch eine Frage des kulturellen oder viel mehr interkulturellen Horizontes, wie sehr wir kulturelle Konstrukte für naturgegeben oder für menschengemacht halten. Je weiter dieser Horizont, desto eher sehen wir, dass alles auch ganz anders geht, als wir es gewohnt sind. Wir sehen aber auch, dass es gewisse Regeln geben muss und nicht alles der individuellen Willkür überlassen sein darf. Da die Grenze zu ziehen ist schwierig und das richtig zu machen erfordert Weisheit.

Demzufolge stimme ich Dir, lieber Jürgen, zu, dass es jeder für sich entscheiden darf, wieviel Weiblichkeit er für sich als Mann zulässt oder auch für sich als Frau oder Diverse(n). Aber auch da erfordert die individuelle Wahl eine Kommunikation mit den Mitmenschen, mit denen jeder von uns in einer Gesellschaft lebt. Das erfordert auch Weisheit, da die richtige Kombination zu finden. Grob und allgemein gesagt, liegt die beste Wahl irgendwo in der Mitte. Wo genau, dass muss man ausprobieren und für sich finden. Und diese Mitte ist nicht bei jedem dieselbe.

Liebe Grüße in die Runde!
Micha

*PS: Es war Max Scheler: https://www.ecosia.org/search?q=Max+Scheler+relativnat%C3%BCrlich&method=ecosiabrowsertopbar
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Offline Zwurg

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Antw:Wie viel Weiblichkeit darf es denn sein?
« Antwort #46 am: Gestern um 15:18 »
Wir können das nochmal trennen:
Gesicht und Figur sind natürlich, biologisch.
Ja ganz klar, der Körperbau von Männern und Frauen ist schon generell unterschiedlich. Ebenso die Gesichter. Das erkennt man meist auf den ersten Blick.

Innerhalb ihrer Geschlechtergruppe haben Männer auch unterschiedliche Körperbauten und unterschiedliche Gesichter.
Legt man meine Fotos neben die von Sean Connery oder Daniel Craig im Alter von 30, 40, 50 werden die Fotos von Connery stets älter und maskuliner wirken als meine.

Zitat
Kleidung und Accessoire und auch die Frisur sind kulturell.
Dazu muss man sagen, dass die Kulturen im Vergleich zum 19. Jahrhundert, heute ziemlich verschmolzen sind. Überall auf dem Planeten trägt man heute die Mode Europas und Amerikas.
Sehr selten finden Frisuren aus wie Dreadlocks oder Kleidungsstücke wie Kimonos Eingang in unsere Kultur.
Da ist es schwer geworden zu unterscheiden.
Kleidung ist ja auch epochal anders. z. B. der Gugel, ausserhalb von Mittelalterfesten findet man dieses sehr praktische Kleidungsstück nirgends mehr. Es kleidet sich auch niemand mehr wie in der Renaisance. Eher in den Subkulturen findet man eher Kleidungsstile aus anderen Epochen.
Gerade die Damenmode hat sich ja sehr verändert.
Zitat

Was wir an biologischen Merkmalen als männlich oder weiblich wahrnehmen ist angeboren, die kulturellen Merkmale sind sozial konstruiert. Soziale Konstrukte, wenn man sie in der primären Sozialisation erlernt hat, sind aber oft so in unseren Denkgewohnheiten festgelegt, dass sie uns quasi wie natürlich vorkommen. Jemand (ich vergesse immer wieder, wer das war*) nannte das "relativnatürlich".
Ich glaube nicht, das das erkennen von Frau und Mann irgendwo sozial antrainiert ist.
Eher dass es evolutionär ganz tief in uns drin steckt.
Lediglich das Erkennen und zuordnen von femininen und männlichen Kleidungsstücken ist sozial antrainiert. Was aber in so weit verschwimmt, weil Frauen heute ganz selbstverständlich männliche Kleidungsstücke tragen.
Zitat



Den größten Mut erfordert es den eigenen Weg zu gehen

Offline MAS

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Antw:Wie viel Weiblichkeit darf es denn sein?
« Antwort #47 am: Gestern um 16:18 »
Ja, lieber Zwurg,

das Erkennen von biologisch-geschlechtlichen Identitäten ist auch meines Erachtens angeboren. Aber es kann durch kulturelle Merkmale überschrieben werden. So erging es mir neulich mal wieder, dass ich einen jungen Menschen mit Hose und kurzen Haaren für einen Jungen hielt, aber es war ein Mädchen, was ich erst an der Stimme - auch ein biologisches Merkmal, aber im Feintuning durch Parallelisierung ansozialisiert - erkannte. Neulich hielt ich ein Kind sogar trotz Rüschenhemd und Schmuck für einen Jungen, wegen sehr kurzer Haare und neutralem Körperbau, aber es war ein Mädchen. Nun muss man dazu sagen, dass es afrikanischer Herkunft war, also von der Familie her, afrodeutsch wahrscheinlich. Afrikanische Frauen kann man dagegen meistens schwerlich männlich einordnen, egal, welche Kleidung sie tragen.   

Aber natürlich gibt es innerhalb jeden Geschlechts individuelle Unterschiede.

Und auch ja: die europäische Kleidung hat sich durch Kolonialismus und Globalisierung allgemein durchgesetzt, während Kleidung anderer Kulturen als kulturspezifisch gelten. Da würde ich mir im Zuge der Globalisierung auch gerne etwas mehr wechselseitigen Austausch wünschen. Manchmal sieht man farbenfrohe afrikanische Kleidung auch an Europäern, aber nicht so sehr oft. Und was innerdeutsche Trachten angeht, so denken die meisten dabei an bayerische Trachten. Selbst ein Trachtenhaus im Bergischen Land bot nur bayerische Trachten an, keine bergischen oder sonstwie rheinischen, sofern es die überhaupt noch gibt. Ich las sogar schon von innerbayerischen Zwistigkeiten, da das Oberbayerische sich gegenüber anderen Regionalkulturen ausbreite, auch bei Namensendungen von Gaststätten, z.B. "Stüberl" statt "Stübli" im Allgäu.


Hups, jetzt komme ich ein wenig vom Weiblichkeitsthema ab. Aber à propos Bayern: Ein Dirndl wäre mir an mir wohl doch zu feminin, auch wenn sie mir gefallen. Und obwohl Frauen ja auch Lederhosen und Hemden oder Hemdblusen tragen und darin sogar feminin-sexy aussehen können.

LG, Micha 


 
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